Maschinenlernen unterstützt Verlaufsdiagnostik entzündlicher Darmerkrankungen

Maschinenlernen könnte die Verlaufsdiagnostik bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) in den nächsten Jahren revolutionieren. In ersten Pilotstudien erwiesen sich entsprechende Systeme zur computergestützten Endoskopie- und Histologiebefundung als leistungsstark. „Die neuen digitalen Techniken zur Bildverbesserung öffnen die Tür zu einer neuen Ära der Endoskopie,“ erklärte Prof. Marietta Iacucci, College of Medicine and Health, University College Cork, Irland. Die Nutzung von Spezialtechniken, wie der hochauflösenden Weißlicht-Endoskopie (HD-WLE), der virtuellen Chromoendoskopie (VCE), der sondenbasierten konfokalen Laser-Endomikroskopie (pCLE) oder der Endozytoskopie sei, so Iacucci, allerdings anspruchsvoll und unterläge einer hohen Intra- und Inter-Observer-Variabilität. Einheitliche Bewertungsstandards fehlten weitgehend, und eine erfolgreiche Anwendung sei Personen vorbehalten, die viel Erfahrung mit der jeweiligen Endoskopietechnik haben. Daraus ergebe sich eine große Lücke zwischen dem technisch Möglichen und dem in der Praxis Umsetzbaren. Die Expertin ist überzeugt, dass „künstliche Intelligenz“, genauer gesagt, lernfähige Bildauswertungssysteme, diese Lücke nach und nach schließen werden. Hohe prädiktive Treffsicherheit Iacucci und Mitforschende entwickelten das erste maschinenlernbasierte Computermodell zum endoskopischen Assessment bei Colitis ulcerosa-Kranken. Anhand von VCE-Videos detektierte das Modell eine endoskopische Remission mit 72%-iger Sensitivität und 87%-iger Spezifität, und sagte eine histologische Remission – sowohl anhand von WLE- als auch anhand von VCE-Videos – mit einer Genauigkeit von 80–85% voraus. Das Schubrisiko wurde von dem Modell ähnlich beurteilt wie ärztlicherseits anhand gängiger Endoskopiescores. [1] Empfehlung der Redaktion ECCO 2024 Kongress der Europäischen Crohn- and Colitis-Organisation 2024 21.–24. Februar 2024 | Stockholm Die Vermeidung hochverarbeiteter Lebensmittel scheint das Risiko für chronisch entzündliche Darmerkrankungen zu senken. "Hit hard and early", also die Top-Down-Strategie, sollte bei neu an M. Crohn-Erkrankten nun als Standardbehandlung angesehen werden. Und Menschen mit CED haben – vermutlich wegen komplexer Interaktionen zwischen Darm und Hirn – häufig Depressionen oder Angstsymptome. Das sind einige Erkenntnisse vom diesjährigen Kongress. Vor kurzem stellte eine Arbeitsgruppe der University of Michigan, USA, einen kumulativen Krankheitsscore (CDS) zum Assessment der Krankheitsschwere bei Colitis ulcerosa vor. Der Score basiert auf der computergestützten Auswertung von Koloskopiebildern aus der UNIFI-Studie. Er bezieht Variationen im Schweregrad der untersuchten Darmabschnitte ein, und bildete die therapeutische Überlegenheit von Ustekinumab im Vergleich zu Plazebo anhand der detektierten Mukosaläsionen mit höherer Sensitivität ab als der Mayo Endoscopic Score (MES). [2] Mukosale und vaskuläre Barriere im Fokus Iacucci und Mitforschende arbeiteten ein auf maschinellem Lernen und Schmalbandimaging (NBI) basierendes System aus, welches das Schubrisiko bei Colitis ulcerosa anhand von bildverstärkten Endoskopiedaten und dem Zielkriterium „vaskuläre Heilung“ in definierten Zielregionen der Kolonschleimhaut ermittelt. Das Training des selbstlernenden Systems erfolgte anhand von 8.853 Koloskopiebildern von 167 Colitis ulcerosa-Betroffenen. In einer Studie an 100 Colitis ulcerosa-Kranken, die sich in klinischer Remission befanden, erzielten Endoskopieerfahrene und Unerfahrene, die das System bei Koloskopien unterstützend nutzten, ähnlich gute Ergebnisse hinsichtlich der Prädiktion weiterer Krankheitsschübe. Bei 24% der als „vaskulär aktiv“ und 3% der als „vaskulär geheilt“ Eingestuften trat während der einjährigen Nachbeobachtung ein Rezidiv auf (p = 0,01). [3] Daten aus bildverstärkter Endoskopie und automatisierten histologischen Diagnosetechniken wie der Multispektralbildgebung können mithilfe lernfähiger Computersystemen zusammengeführt werden. Das ermöglicht laut Iacucci eine immer präzisere Erkennung und prognostische Bewertung von Schädigungen der mukosalen und vaskulären Barriere, sowie von deren Heilung. So könne man die Behandlung von CED Schritt für Schritt in eine Präzisionsmedizin transformieren. basierend auf: Iacucci M. Vortrag SCI16: AI - entering clinical practice in IBD. Session 5 - Visualising IBD: ESGE-ECCO collaborative session on endoscopy. 19. Kongress der European Crohn's and Colitis Organisation, Stockholm, hybrid, 21.–24. Februar 2024.

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