Arznei verhindert MS bei radiologisch isoliertem Syndrom

Erstmals konnte in einer kontrollierten Studie gezeigt werden, dass eine MS-Therapie den Übergang von einem radiologisch isolierten Syndrom in eine klinisch manifeste MS verhindert. Eine solche trat mit Dimethylfumarat zu über 80 Prozent seltener auf. Ob Personen mit einem radiologisch isolierten Syndrom (RIS) bereits eine MS-Therapie mit krankheitsmodifizierenden Therapeutika (DMT) bekommen sollten, zählt unter MS-Spezialisten zu den großen Kontroversen der vergangenen Jahre: Einerseits deutet ein zufällig bei einer MRT-Untersuchung entdecktes RIS auf eine präklinische MS-Phase, und da die MS-Prognose umso besser ist, je früher behandelt wird, wäre eine Therapie in dieser Phase vermutlich besonders wirksam. Andererseits konvertiert nicht jedes RIS in eine MS, insofern ist unklar, ob eine Therapie mehr schadet als nützt. Wie viel eine DMT-Behandlung bei RIS bringt, lässt sich nun immerhin erstmals beziffern: In einer randomisiert-kontrollierten Studie wurde unter Dimethylfumarat (DMF) das Konversionsrisiko um über 80% reduziert. An der Studie mit der Bezeichnung ARISE* haben 87 Personen aus zwölf US-Zentren teilgenommen; bei allen war zufällig ein RIS mit MS-typischen MRT-Läsionen entdeckt worden war. Das MRT durfte dabei nicht aufgrund MS-typischer Beschwerden veranlasst worden sein; und möglicherweise bestehende neurologische Defizite duften sich nicht auf die MRT-Läsionen zurückführen lassen. Darauf verwies Professor Darin Okuda von der Universität in Dallas auf der aktuellen ECTRIMS-Tagung in Amsterdam. Ferner sollten die MRT-Auffälligkeiten sehr MS-spezifisch und nicht durch eine andere Erkrankung zu erklären sein. 80% weniger neue oder sich vergrößernde T2-Läsionen Die Betroffenen waren im Schnitt 44 Jahre alt, acht hatten Gadolinium-anreichernde (Gd+) Läsionen, 70% waren Frauen. Als Hauptgründe für das MRT nannte Okuda Kopfschmerzen (bei 29), Traumata (10) sowie Schwindel und Benommenheit (9). 44 der Personen mir RIS bekamen eine Behandlung mit DMF (240 mg/bd), die übrigen Placebo. Die Therapie dauerte knapp zwei Jahre (96 Wochen), primärer Endpunkt war die Zeit bis zum ersten klinischen demyelinisierenden Ereignis. Wegen der langsamen Rekrutierung wurde die Studie vorzeitig beendet, es wurden also weniger Personen aufgenommen als geplant. Etwa ein Fünftel der Beteiligten in beiden Gruppen brach die Intervention vorzeitig ab. Empfehlung der Redaktion Kongressdossier Highlights vom ECTRIMS-Kongress 2022 Im Dossier finden Sie unsere Highlights und Berichte vom 38. Kongress des European Committee for Treatment and Research in MS (ECTRIMS): Wann ist die beste Zeit für eine hochaktive Therapie? Welche Entwicklungen gibt es rund um Biomarker zur Früherkennung und zum Monitoring? Neue Daten gibt es außerdem zu bewährten Medikamenten. In der Placebogruppe hatten nach zwei Jahren 13 Personen eine MS entwickelt, unter DMF nur 3, daraus ergab sich eine Risikoreduktion um 82%. Wurden Begleitfaktoren wie Alter, Geschlecht und MRT-Charakteristika berücksichtigt, kam das Team um Okuda sogar auf eine Risikoreduktion um 93%. Neue oder sich vergrößernde T2-Läsionen traten mit DMF zu 80% seltener auf, auch das Läsionsvolumen war nach zwei Jahren um 70% geringer, dieser Unterschied war aber statistisch nicht signifikant. Moderate Nebenwirkungen wurden bei 32% mit DMF und 21% mit Placebo beobachtet. „Unsere Ergebnisse deuten auf einen Nutzen einer frühen Therapie bei RIS“, so Okuda. Allerdings seien noch weitere Untersuchungen nötig, um zu schauen, ob eine MS-Therapie im RIS-Stadium auch langfristig hilft. Ein Problem ist jedoch die kleine Zahl der Studienteilnehmer in ARISE. Letztlich wären größere und länger dauernde Studien nötig, um einen klaren Nutzen bei RIS zu dokumentieren. Da RIS aber ein Zufallsbefund ist, dürfte es sehr schwierig sein, größere Studien aufzusetzen. Quelle: Congress of the European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis (ECTRIMS), Amsterdam 26–28.10.2022. Late Breaking Abstracts. Darin Okuda: Multi-center, randomized, double-blinded assessment of dimethyl fumarate in extending the time to a first clinical demyelinating event in radiologically isolated syndrome (ARISE).

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