MS-Therapie: Unterschiede bei CD-20-Antikörpern

Rituximab scheint Ocrelizumab bei der Wirksamkeit in der MS-Therapie nicht ebenbürtig zu sein: Eine Registeranalyse deutet auf ein höheres Risiko für Schübe und ein ähnliches Risiko für eine Behinderungsprogression. Der CD-20-Antikörper Rituximab ist zwar in den meisten Ländern nicht zur MS-Therapie zugelassen, wird aber oft off-label verwendet: In Schweden erhält inzwischen mehr als die Hälfte der MS-Kranken zum Therapiestart Rituximab, weil die Arznei modernen CD-20-Antikörpern wie Ocrelizumab und Ofatumumab bei der Wirksamkeit als ebenbürtig gilt, beim Preis aber viel günstiger ist. Kleinere kontrollierte Studie deuten immerhin auf eine gute Wirksamkeit gegen MS, größere Studien fehlen aber. So lässt sich die Wirksamkeit im Vergleich zu anderen Therapeutika fast nur indirekt abschätzen. Ein Team um Dr. Izanne Roos vom Royal Melbourne Hospital hat sich nun an einen solchen indirekten Vergleich zwischen Rituximab und Ocrelizumab bei MS-Kranken gewagt. Die Forschenden konnten auf der ECTRIMS-Tagung in Amsterdam jedoch eine Nichtunterlegenheit von Rituximab nicht klar belegen. So scheint der ältere CD-20-Antikörper vor allem gegen MS-Schübe weniger gut zu wirken. Für die Analyse haben Roos und Mitarbeiter Angaben aus dem internationalen MSBase-Register und dem dänischen MS-Register zu 878 Personen mit schubförmiger MS ausgewertet, 710 davon waren mit Ocrelizumab, die übrigen 186 mit Rituximab behandelt worden. Bei der Auswahl hatten die Neurologinnen und Neurologen auf möglichst ähnliche Eigenschaften wie Alter, Geschlecht, EDSS-Wert, Schubrate vor der Therapie und Bildgebungscharakteristika geachtet (propensity score matching). Dabei stellten sie jedem MS-Kranken mit Rituximab sechs vergleichbare mit Ocrelizumab gegenüber. Zwei Drittel waren Frauen, das durchschnittliche Alter betrug 42 Jahre, die Krankheit bestand seit elf Jahren und der mittlere EDSS-Wert erreichte zum Therapiestart mit den CD-20-Antikörpern 3,5 Punkte. 80% mehr Schübe unter Rituximab Primärer Endpunkt war die Nichtunterlegenheit bei der jährlichen Schubrate. Anhand von statistischen Berechnungen wurde für dieses Kriterium eine 20%-Abweichung toleriert, das heißt, die Rate durfte unter Rituximab um bis zu 20% höher liegen, um dabei nicht unterlegen zu sein. Tatsächlich war die jährliche Schubrate mit Rituximab um 80% höher und das 95%-Konfidenzintervall lag zwischen einer 1,4- und 2,4-fach höheren Schubrate – also weit jenseits der Nichtunterlegenheitsgrenze. Danach wäre Ocrelizumab dem älteren Wirkstoff bei der Schubreduktion deutlich überlegen. Empfehlung der Redaktion Kongressdossier Highlights vom ECTRIMS-Kongress 2022 Im Dossier finden Sie unsere Highlights und Berichte vom 38. Kongress des European Committee for Treatment and Research in MS (ECTRIMS): Wann ist die beste Zeit für eine hochaktive Therapie? Welche Entwicklungen gibt es rund um Biomarker zur Früherkennung und zum Monitoring? Neue Daten gibt es außerdem zu bewährten Medikamenten. Kein eindeutiges Bild ergab sich bei der Behinderungsprogression: Im Laufe von rund 1,5 Jahren zeigten sich keine signifikanten Unterschiede, tendenziell kam es unter Rituximab aber etwas häufiger zu neuen Behinderungen und seltener zu einer Verbesserung des EDSS-Werts. Allerdings, so Roos, ist die Nachbeobachtungsdauer wohl zu kurz für eine abschließende Beurteilung. Ein Problem bei den Daten sei zudem, dass Rituximab oft in unterschiedlichen Dosierungen verabreicht werde und es mittlerweile auch Biosimilars gebe, die Therapiepläne seien also wesentlich heterogener als die unter Ocrelizumab, solche Faktoren könnten die Resultate verzerrt haben. Quelle: Congress of the European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis (ECTRIMS), Amsterdam 26–28.10.2022. Late Breaking Abstracts. Izanne Roos: A non-inferiority study of rituximab versus ocrelizumab in relapsing-remitting multiple sclerosis.

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