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Erschienen in: Pädiatrie & Pädologie 4/2023

Open Access 15.06.2023 | Hypoxämie | Kasuistik

Jugend forscht: Wie beeinflussen chirurgische und FFP2-Masken die physiologischen Parameter bei Kindern und Jugendlichen?

verfasst von: cand.med. Ramona Happernegg, Univ.-Prof. Dr. Reinhold Kerbl

Erschienen in: Pädiatrie & Pädologie | Ausgabe 4/2023

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Zusammenfassung

In den letzten Jahren beschäftigte SARS-CoV-2 die gesamte Bevölkerung weltweit. Vor allem die Jüngsten traf die Pandemie mit voller Härte, besonders, weil sie die Geschehnisse noch nicht richtig einordnen können. Die Maskenpflicht stellte dabei keine Ausnahme dar, da auch Schulkinder davon nicht ausgeschlossen waren. Durch diese Forschungsarbeit sollte zumindest die Frage, ob sich eine Maskenpflicht negativ auf physiologische Vorgänge in Kindern und Jugendlichen auswirkt, betrachtet und geklärt werden. Unsere Ergebnisse zeigten beim Tragen einer FFP2- oder chirurgischen Maske eine signifikante Erhöhung der inspiratorischen und exspiratorischen CO2-Werte. Alle anderen gemessenen Parameter zeigten sich weitgehend unbeeinflusst. Aufgrund dieser Ergebnisse sind wir zu dem Schluss gekommen, dass das Tragen einer FFP2- oder chirurgischen Maske keinen gesundheitlichen Nachteil für die Kinder und Jugendlichen aufweist.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Originalpublikation
Happernegg R, Kerbl R (2023) The influence of wearing surgical and FFP2 face masks on physiological parameters in children and adolescents – a pilot study. Klin Padiatr 235(2):101–102. https://​doi.​org/​10.​1055/​a-1976-1520.
Hintergrund.
Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurde das Maskentragen in der Bevölkerung zur (zum Teil verpflichtenden) Gewohnheit. Damit waren nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder und Jugendliche im täglichen Leben konfrontiert. Dieser Umstand sorgte bei vielen Eltern für Bedenken und Unsicherheit. Nicht selten wurde das Tragen von Masken mit Sorgen bezüglich Hypoxämie und Hyperkapnie in Verbindung gebracht. Mehrere Studien bei gesunden Erwachsenen haben bewiesen, dass es zumindest in dieser Altersgruppe keine Hinweise auf einen negativen Effekt des Maskentragens auf die Blutgase und andere physiologische Parameter gibt. Für Kinder und Jugendliche gab es bisher diesbezüglich allerdings kaum Studien. Dementsprechend war es das Ziel dieser Pilotstudie, zu evaluieren, ob und wie das Tragen von chirurgischen und FFP2-Masken physiologische Parameter (z. B. Herzfrequenz, Atemfrequenz) und vor allem die Blutgase beeinflusst. Zusätzlich wurden die Kinder und Jugendlichen, welche an der Studie teilnahmen, gebeten, ihre Erfahrungen mit dem Maskentragen zu schildern.
Methoden.
Insgesamt 15 Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 17 Jahren erklärten sich bereit, an der Studie teilzunehmen. Es wurde eine polygraphische Aufnahme über 40 min durchgeführt. Während dieser Zeit waren die Kinder wach und trugen entweder eine chirurgische, eine FFP2- oder gar keine Maske. Die Maskenphasen betrugen jeweils 10 min pro Maskentyp. Die Phasen ohne Masken waren jeweils zu Untersuchungsbeginn und zwischen den Maskenphasen 10 min lang. Die Reihenfolge der Maskenverwendung wurde randomisiert. Nach einer 5‑Minuten-Adaptierungsphase wurden die physiologischen Parameter jeweils für 5 min aufgezeichnet. Die aufgezeichneten Parameter inkludierten die inspiratorischen und exspiratorischen CO2-Werte (mittels Nebenstromkapnographie), die Herzfrequenz (mittels EKG), die Atemfrequenz (mittels Brust- und Bauchgurten sowie Kapnographie), die Sauerstoffsättigung (mittels Pulsoximeter) und das transkutane CO2 (mittels transkutanem CO2-Sensor). Für die Berechnung wurde für die Werte der jeweiligen 5‑Minuten-Phase ein Mittelwert berechnet. Diese Mittelwerte wurden anschließend miteinander verglichen. Zur Signifikanzüberprüfung wurde aufgrund der nicht vorhandenen Normalverteilung der Testpopulation der Wilcoxon-Rangsummen-Test herangezogen. Die Teilnahme erfolgte auf freiwilliger Basis. Es wurde eine schriftliche Einwilligung der Jugendlichen über 14 Jahren und eine schriftliche Einwilligung der Eltern für Kinder unter 14 Jahren eingeholt. Die Studie wurde von der Ethikkommission der Universität Graz genehmigt.
Resultate.
Die Resultate sind in Tab. 1 aufgelistet. Im Bereich der Herzfrequenz und der Sauerstoffsättigung zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in den verschiedenen Phasen. Die Atemfrequenz zeigte sich in den Phasen der chirurgischen und der FFP2-Maske leicht reduziert, diese leichte Reduktion war jedoch statistisch nicht signifikant. Bezüglich der inspiratorischen und exspiratorischen CO2-Werte zeigte sich ein signifikanter Unterschied im Vergleich der Maskenphasen zu jenen Phasen ohne Maske. Dieser spiegelte sich jedoch nicht in den transkutanen CO2-Werten wider. Auf ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Maskentragen befragt, gaben alle Teilnehmer*innen an, sich beim Tragen nicht wohl zu fühlen, dieses Gefühl zeigte sich bei den FFP2-Masken stärker ausgeprägt. Ebenso berichteten alle über das anfängliche Gefühl der Kurzatmigkeit beim Tragen der Maske. Allerdings hat sich bei 14 von 15 Teilnehmer*innen nach einer gewissen Zeit eine Gewöhnungsphase eingestellt. Lediglich ein Teilnehmer klagte über rezidivierende und häufige Kopfschmerzen in Zeiten des Maskentragens. Die polygraphischen Messungen dieses Teilnehmers zeigten jedoch ähnliche Werte wie bei den anderen Testpersonen. Dementsprechend kann man davon ausgehen, dass die wiederkehrenden Kopfschmerzen eine andere Ursache haben als die Rückatmung von CO2. Keiner der befragten Teilnehmer*innen gab an, unter schwereren körperlichen oder mentalen Auswirkungen aufgrund der Maskenpflicht zu leiden.
Tab. 1
Mittelwerte und Signifikanz aller Vergleichsparameter während Maskenphasen und Phasen ohne Maske
 
Keine Maske
Chirurgische (Chir.) Maske
FFP2-Maske
Signifikanz p-Werte
Inspiratorische CO2-Werte (mm Hg)a
1,45
3,30
3,89
Chir. Maske < 0,001
FFP2-Maske < 0,001
Exspiratorische CO2-Werte (mm Hg)a
33,64
35,07
35,14
Chir. Maske < 0,001
FFP2-Maske 0,002
Herzfrequenz/min
87,47
87
86,13
Chir. Maske 0,581
FFP2-Maske 0,180
Atemfrequenz/min
17,79
17,14
16,37
Chir. Maske 0,267
FFP2-Maske 0,057
Sauerstoffsättigung (%)
96,70
96,67
96,87
Chir. Maske 1,000
FFP2-Maske 0,549
Transkutane CO2-Werte (mm Hg)
37,77
38
38
Chir. Maske 0,508
FFP2-Maske 0,180
aParameter mit signifikanten Änderungen in den Maskenphasen
Diskussion.
Eine Limitation dieser Studie ist die relativ kleine Stichprobengröße mit nur 15 Teilnehmer*innen (5 Mädchen und 10 Buben). Dies basiert vor allem auf der geringen Bereitschaft von Eltern zu einer Studienteilnahme (noch in einer Zeit von Kontaktbeschränkungen).
Es zeigten sich jedoch gut reproduzierbare Ergebnisse. Eine weitere Limitation weist die Messdauer von nur 40 min auf. Sie reichte jedoch aus, um „steady states“ zu erreichen. Interessant wäre sicher auch, wie sich die physiologischen Parameter im Verlauf eines gewöhnlichen Schul- oder Arbeitsalltags verhalten würden. Ebenso, ob sich Veränderungen durch Anstrengungen ergeben. Unter Ruhebedingungen zeigen jedoch die durchgeführten Messungen, dass weder chirurgische noch FFP2-Masken einen schädlichen Einfluss auf die physiologischen Parameter haben. Die leicht erhöhten inspiratorischen und exspiratorischen CO2-Werte lassen sich in erster Linie auf die Ausweitung des Totraumes zurückführen. Die geringe Reduktion der Atemfrequenz könnte mit einer leichten Erhöhung des Tidalvolumens erklärbar sein. Dies könnte auch das beschriebene Unbehagen zu Beginn des Maskentragens erklären (leicht erhöhte Atemanstrengung).
Die erhobenen Ergebnisse zeigen, dass die Verwendung von chirurgischen und FFP2-Masken bei gesunden Schulkindern und Jugendlichen weder zu signifikanter Hypoxämie noch Hyperkapnie führt. Unsere Studie unterstützt somit die von der WHO ausgesprochene Einschätzung, dass die Verwendung derartiger Masken für Kinder ab dem Schulalter bei entsprechender Indikation vertretbar ist. Die Indikationsstellung sollte jedoch – auch wegen der beschriebenen subjektiven Empfindungen – evidenzbasiert und wohl überlegt erfolgen.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

R. Happernegg und R. Kerbl geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Studie wurde von der Ethikkommission der Medizinischen Universität Graz genehmigt. Es wurde von allen Teilnehmern*innen eine Einwilligung zur Teilnahme unterschrieben. Bei unter 14-Jährigen wurde diese von den Eltern unterzeichnet und die Kinder erhielten Informationsblätter.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

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Metadaten
Titel
Jugend forscht: Wie beeinflussen chirurgische und FFP2-Masken die physiologischen Parameter bei Kindern und Jugendlichen?
verfasst von
cand.med. Ramona Happernegg
Univ.-Prof. Dr. Reinhold Kerbl
Publikationsdatum
15.06.2023
Verlag
Springer Vienna
Schlagwörter
Hypoxämie
COVID-19
Erschienen in
Pädiatrie & Pädologie / Ausgabe 4/2023
Print ISSN: 0030-9338
Elektronische ISSN: 1613-7558
DOI
https://doi.org/10.1007/s00608-023-01098-w

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