24.04.2024 | Insomnie | Leitthema
Geschlechtsspezifische Aspekte in der Schlafmedizin
verfasst von:
Dr. med. Mavi Schellenberg
Erschienen in:
Zeitschrift für Pneumologie
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Zusammenfassung
Die Schlafmedizin umspannt ein weites Feld an Themen, und in vielen Bereichen lassen sich geschlechtsspezifische Unterschiede nachweisen. Schlafqualität und Schlafverhalten bilden eine unverzichtbare Grundlage zahlreicher physiologischer Prozesse und sind Voraussetzung für Leistungsfähigkeit und gesunde Entwicklung. Lebenslang finden sich zwischen Mann und Frau messbare Unterschiede, die Auswirkungen auf die Gesundheit haben können. Mit Beginn der Pubertät steigt für Frauen das Risiko, an einer insomnischen Störung zu leiden, und zeitlebens besteht eine subjektiv verminderte Schlafqualität gegenüber Männern. Auch ist die Prävalenz schlafbezogener Bewegungsstörungen (z. B. Restless-Legs-Syndrom) höher als bei Männern, während einer Schwangerschaft leiden sogar über 20 % der Frauen hierunter. Nicht zuletzt muss die obstruktive Schlafapnoe (OSA) als häufigste schlafbezogene Atmungsstörung mit weltweit steigender Prävalenz neu bewertet werden. Über viele Jahre galt die OSA als klassische Krankheit des übergewichtigen, schnarchenden Mannes. Nun wandelt sich das Bild dieser Erkrankung und liefert damit auch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung zu geschlechtsspezifischen Unterschieden. Beispielsweise zeigen Frauen durchschnittlich weniger und mildere respiratorische Ereignisse, dennoch bestehen hohe Komorbiditätsrisiken. Die obstruktive Atmung präsentiert sich anders als bei Männern und ist schwieriger durch ambulante Polygraphie zu detektieren. Zudem unterscheidet sich die klinische Symptomatik, sodass standardisierte Anamnesen und Fragebögen unzureichend sind. Frauen bleiben aktuell trotz steigender Prävalenz der OSA unterdiagnostiziert und in Schlaflaboren unterrepräsentiert, leider auch oft untertherapiert. Es bedarf noch dringend weiterer wissenschaftlicher Arbeit auf diesen Feldern – aber noch wichtiger: der Implementierung von Wissenschaft in den klinischen Alltag.