Ergebnisse
LD-Vorerfahrungen
Von den Pbn gaben 79 % an zu wissen, was LD sind, 45 % hatten sich bereits mit dem Thema beschäftigt, 23 % bereits bewusst versucht, luzid zu werden. An Methoden wurden Traumtagebücher, Realitätschecks und Vorsatzbildung genannt.
Zur LD-Lebenszeitprävalenz gaben 63 % an, vor der Studiennacht schon einmal einen luziden Traum erlebt zu haben, 8 % waren sich unsicher. Zu ihrer LDF gaben 2 % an, mehrmals pro Woche luzide zu träumen, 7 % ca. 1 ×/Woche, 4 % ca. 2–3 ×/Mon, 13 % ca. 1 ×/Mon, 23 % ca. 2–4 ×/Jahr, 8 % ca. 1 ×/Jahr, 15 % < 1 ×/Jahr; 28 % hatten noch nie luzide geträumt (Tab.
1).
Luzidität in der Versuchsnacht
Von den ursprünglich 152 Datensätzen berichteten 8 Pbn (5 %) von LD in der Versuchsnacht, 4 davon weiblich, 4 männlich. Alle 8 hatten Vorerfahrung mit LD. Einer der 8 verwendete eine Induktionstechnik über das WBTB hinaus, seine Daten wurden aus den folgenden Berechnungen ausgeschlossen, ebenso wie die eines weiteren Pbn, der bereits vor dem WBTB luzide wurde.
Insgesamt 11 Pbn, davon 3 ohne LD-Vorerfahrung, d. h. naive luzide Träumer, wussten nicht genau, ob sie einen luziden Traum hatten. Einer der 3 wurde von den weiteren Berechnungen ausgeschlossen, da auch er vor dem WBTB geträumt hatte.
Somit lag die LD-Rate in der Versuchsnacht bei 6/138 ≈ 4,3 %.
Luzides Träumen in der Versuchsnacht korrelierte zu Rho = −0,27 (0,001) mit dem Traumzeitpunkt (vor/nach dem WBTB) sowie zu 0,238 (0,005) mit der LDF vor der Studie.
Wirkt das WBTB?
Bei den für die Fragestellung nutzbaren N = 138 zeigte sich in der Versuchsnacht nach dem WBTB eine Rate luzider Träume von 4,3 %. Würde man die 10 Pbn, die sich unsicher waren, ob sie luzide geträumt haben, hinzunehmen, käme man auf 16/138 = 11,6 %.
Die beobachtete LD-Rate wäre gegenüber einer unselektierten Grundgesamtheit erhöht, jedoch ist bekannt, dass Psychologiestudierende bzgl. LDF und DRF nicht mit der Allgemeinbevölkerung vergleichbar sind [
15]. Im Vergleich zu einer ähnlichen Stichprobe aus 43 Psychologiestudierenden [
15], in der es in Studiennächten ohne WBTB – allerdings im Rahmen der fünfwöchigen Induktionsstudie mit intermittierender MILD-Nutzung – zu einer LD-Rate von 6 % und in den 256 MILD-kombinierten WBTB-Nächten zu 46 LD, also einer Rate von 18 % kam, fällt unsere LD-Rate gering aus.
Da unsere Stichprobe im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung viele Pbn mit Vorerfahrung und regelmäßigen luziden Träumen enthält, andererseits aber vergleichsweise wenige häufig luzide Träumer im Vergleich zu studentischen Stichproben wie bei ([
15]; Tab.
1), wurden die individuellen Vorerfahrungsraten der Stichprobe zum Vergleich herangezogen (Tab.
2).
Quantitative Wirksamkeitsprüfung: hilfsweise Binomialtests
Prüft man die gerichtete Hypothese H1, dass WBTB stand-alone wirksam LD induziert, würde die Wahrscheinlichkeit in der Versuchsnacht einen luziden Traum zu erinnern gegenüber der spontanen Basisrate ohne Induktionstechnik steigen (H1: π > πnsBasis). Nimmt man Unabhängigkeit und Zufallsverteilung an, d. h. dass die Häufigkeit bei Austausch von vielen Personen für eine Nacht und wenigen Personen über viele Nächte gleich bleibt, kann hilfsweise eine Binomialverteilung angesetzt werden, die über die einzelnen Kategorien gepoolt zu einer Gesamterwartung führt.
Zur Bestimmung der spontanen Basisrate π
Basis der Gruppe der n
ges = 138 Pbn wurden zwei Ansätze verfolgt, wobei Tests mit höheren Basisraten konservativer zugunsten der H0 (Unwirksamkeit von WBTB) ausfallen. Es werden intraindividuelle Vergleiche zu den erwartbaren LD-Raten aufgrund der bisherigen LDF der Pbn herangezogen (Tab.
3). Schätzt man a) konservativ (streng), indem LD in jeder Antwortkategorie des MADRE 10 als minimal häufig angenommen wird, ergeben sich π
1 = 2,45 %, d. h. 25 spontane LD in 1000 Nächten der Stichprobe (= 3,4 in 138 Pbn-Nächten). Schätzt man b) progressiv (d. h. LD werden in jeder Antwortkategorie als maximal häufig angenommen) ergeben sich π
2 = 4,28 %, d. h. 43 spontane LDs in 1000 Nächten in der Stichprobe (d. h. 5,9 in 138 Pbn-Nächten).
Tab. 3
Vergleich erwartete und tatsächliche luzide Träume in der Wake-up-back-to-bed(WBTB)-Nacht
Mehrmals die Woche | 3 | 2,2 | 0,8571 | 3 | 2 | 0 |
Etwa einmal die Woche | 9 | 6,5 | 1,2861 | 1,2861 | 2 | 0 |
2–3 mal im Monat | 6 | 4,3 | 0,396 | 0,591 | 0 | 1 |
Etwa einmal im Monat | 18 | 13 | 0,5904 | 0,5922 | 1 | 3 |
Etwa 2–4 mal im Jahr | 32 | 23,2 | 0,1754 | 0,352 | 1 | 2 |
Etwa einmal im Jahr | 11 | 8 | 0,0297 | 0,0297 | 0 | 0 |
Weniger als einmal im Jahr | 20 | 14,5 | 0,0274 | 0,0546 | 0 | 2 |
Nie | 39 | 28,3 | 0 | 0 | 0 | 2 |
Gesamt | 138 | 100 | 3,3621 | 5,9056 | 6 | 10 |
Trotz statistischer Limitationen durch Poolung und Annahme von Unabhängigkeit und Zufallsverteilung wurden in R mit Binomialverteilungen für die geschätzten Basisraten π1,2 unter H01,2 diejenigen Häufigkeiten von LD berechnet, die in der Studiennacht mindestens beobachtet werden müssten, um H0 auf 95 %-Signifikanzniveau (einseitig) zu verwerfen.
Nötig wären zur Ablehnung der H0 und somit für einen Hinweis auf die Wirksamkeit des WBTB stand-alone a) mindestens 8 LD bei π1 sowie b) mindestens 11 LD bei π2.
Real kam es in der Testnacht zu mind. 6 und max. 16 LD, sofern man die unsicheren Pbn mitzählt. Je nachdem, ob man lediglich die 6 eindeutigen LD wertet oder ≥ 2 bzw. 5 der 10 unklaren Pbn luzide geträumt hatten, spricht dies gegen bzw. für die WBTB-Wirksamkeit.
Qualitative Wirksamkeitsprüfung: Einzelfallanalysen
Die Anzahl sicherer LD in der WBTB-Nacht liegt in 4 Fällen, bei den häufigen luziden Träumern mit 1 oder mehrfach LD/Woche (Tab.
3) im erwarteten Bereich. Ein Pbn, der in der Versuchsnacht luzide träumte, hat eine Basisrate von 1 ×/Mon, ein weiterer sogar von 2–4 ×/Jahr. Zumindest bei Letzterem war ein LD in der Versuchsnacht eher nicht erwartbar.
Für eine mögliche Wirksamkeit des WBTB sprechen auch die 10 Pbn, die sich unsicher waren, ob sie luzide geträumt haben (Tab.
3): 2 Pbn wurden in der WBTB-Nacht evtl. luzide, obwohl sie das zuvor noch nie erlebt hatten, 2 Pbn, bei denen dies weniger als 1 ×/Jahr erwartbar wäre, und 2 Pbn, bei denen dies 2–4 ×/Jahr erwartbar wäre.
Effekte auf Traumerinnerungsrate
Zur DRF vor Studienbeginn gaben 17 % an, fast jeden Morgen zu träumen, 39 % mehrmals, 23 % ca. 1 × pro Woche, 11 % 2–3 ×/Mon, 3 % 1 × und 7 % weniger als 1 ×/Mon (Tab.
4).
Tab. 4
Traumerinnerungsfrequenzen
Fast jeden Morgen | 24 | 17,4 | 4 / 7 × 24 = | 13,7 | 7 / 7 × 24 = | 24,0 | 18 | 2 | 4 |
Mehrmals die Woche | 54 | 39,1 | 2 / 7 × 54 = | 15,4 | 4 / 7 × 54 = | 30,9 | 34 | 4 | 16 |
Etwa einmal die Woche | 32 | 23,2 | 0,5 / 7 × 32 = | 2,3 | 2 / 7 × 32 = | 9,14 | 17 | 3 | 12 |
2–3 mal im Monat | 15 | 10,9 | 24 / 365 × 15 = | 1,0 | 36 / 365 × 15 = | 1,5 | 6 | 2 | 7 |
Etwa einmal im Monat | 4 | 2,9 | 12 / 365 × 4 = | 0,1 | 24 / 365 × 4 = | 0,3 | 0 | 0 | 4 |
Weniger als einmal im Monat | 9 | 6,5 | 0 / 365 = | 0 | 12 / 366 × 9 = | 0,3 | 2 | 2 | 5 |
Gesamt | 138 | 100 | – | 32,5 | – | 66,1 | 77 | 13 | 48 |
Berechnet man (analog zum Vorgehen bei der LDF) anhand der DRF Einzelnacht-Traumerinnerungs-Erwartungswerte pro Pbn und summiert diese für die Gesamtstichprobe, sind progressiv berechnet in 138 Probandennächten 32 Traumerinnerungsnächte (23 %) zu erwarten bzw. konservativ berechnet 66 (48 %) (Tab.
4). Von den Pbn gaben 56 % an, in der Studiennacht geträumt zu haben (Tab.
4), 12 % vor, 47 % (65) nach der WBTB-Prozedur. Nur Letztere können potenziell WBTB-induziert sein. Überdies waren sich 9 % unsicher, ob sie geträumt hatten. Somit berichtet unsere Stichprobe mehr Traumerinnerungen, als es gemäß ihrer DRF in einer Nacht spontan zu erwarten wäre (Tab.
4).
Betrachtet man ausschließlich diejenigen, die eine sichere Traumerinnerung am Morgen nach dem WBTB hatten, zeigt sich, dass alle außer denjenigen, die ohnehin fast täglich oder 1 ×/Monat Träume erinnern, mehr Träume erinnern als spontan erwartbar.
Quantitativ wurden erneut hilfsweise Binomialtests berechnet. Ab 41 Traumerinnerungen lt. progressivem bzw. 77 bei konservativem Ansatz ist die H0 zu verwerfen. Somit ergibt sich eine signifikant höhere Traumerinnerung in der WBTB-Nacht selbst in der ungünstigsten Auslegung, was eine Wirksamkeit des WBTB zur Steigerung der DRF belegt.
Traumerinnerung in der Versuchsnacht korrelierte mit DRF zu (nur) Rho = 0,285 (< 0,001), aber zu −0,657 (< 0,001) mit dem Traumzeitpunkt (vor/nach WBTB), was ebenfalls auf einen Einfluss des WBTB auf die DRF, ggf. auch als Mediator, hindeuten könnte.
WBTB-Effekte via Traumerinnerungsfrequenz?
Die DRF korreliert in unserer Stichprobe zu Rho = 0,395 (< 0,001) mit der LDF, was auf einen indirekten Effekt des WBTB auf die LDF über eine Erhöhung der DRF hindeuten könnte. Würde alleiniges WBTB ohne direkten Einfluss auf Luzidität lediglich die DRF verbessern, müsste das Verhältnis zwischen Baseline-LDF und DRF in etwa dem Verhältnis von LD zu Traumerinnerungen (DR) in der Studiennacht entsprechen.
Die Quote von LDF zu DRF liegt in unserer Stichprobe bei 9,9 %, diejenige von LD zu DR in der Versuchsnacht bei 7,8 %, also im selben Perzentil, ist aber (bei unklarer Signifikanz) sogar geringer. Korrelationen zwischen LDF und LD in der Versuchsnacht von Rho = 0,238 (0,005) und DRF und DR in der Versuchsnacht mit 0,285 (< 0,001) liegen in einem ähnlich (niedrigen) Bereich.
Nebenwirkung Einschlafprobleme
Wiedereinschlafprobleme nach dem WBTB gaben 30 % der Pbn an. Einschlaflatenzen lagen zwischen 1 min und 2 h, im Mittel bei 27 min, sowie zu Beginn der Studiennacht bei 2–90 min, durchschnittlich 23 min.
Diskussion
Als Zielsetzung unserer Onlinestudie sollte erprobt werden, ob isoliertes WBTB im Home-Setting umsetzbar und als alleinstehende Methode zur LD-Induktion geeignet ist. Anders als bisherige Studien, die WBTB zur LD-Induktion kombiniert nutzen, applizierten wir alleiniges WBTB in natürlicher Schlafumgebung ohne Hinweise auf das Thema luzides Träumen, um etwaige Erwartungs- und Kombinationseffekte zu umgehen.
Es gelang die Umsetzung von WBTB stand-alone in häuslicher Umgebung. Es berichteten 5 % der Pbn von LD in der WBTB-Nacht, weitere 7 % waren sich unsicher, ob sie luzide geträumt hatten.
Unsere bereinigte Stichprobe aus 138 v. a. Psychologiestudierenden war mit 63 % mit zumindest einem luziden Traum in der Vorgeschichte erwartungsgemäß vorerfahrener und mit 45 %, die sich bereits mit dem Thema beschäftigt hatten, informierter bzgl. LD im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung.
Allerdings bestand unser Sample aus weniger häufigen und mehr seltenen und naiven luziden Träumern im Vergleich zu studentischen Stichproben anderer Induktionsstudien (Tab.
1). Sowohl Baseline-LDF als auch -DRF lagen niedriger als in anderen studentischen Studien [
4,
15,
16]. Die LD-Rate der Studiennacht lag sowohl in unserer Ausgangsstichprobe (5,2 %) als auch der bereinigten Stichprobe mit 4,3 % mit (und trotz) WBTB unter der spontanen LD-Basisrate anderer studentischer Stichproben. Selbst wenn man die 10 unklar luziden Pbn hinzunähme, wäre mit 11,6 % ein Effekt schwach.
Angesichts geringer Effektstärken und heterogener vorheriger LD- und Induktionserfahrung ist eine Effektivitätsabschätzung über den Vergleich mit anderen Stichproben jedoch nicht sinnvoll. Zieht man statt eines direkten längsschnittlichen Vergleichs hilfsweise die individuellen LD-Frequenzen vor der Studie als intraindividuelle Referenz heran, indem man Einzelnachterwartungswerte berechnet, zeigt sich qualitativ auf Fallebene, dass von den 6 sicheren luziden Träumern mind. einer außerhalb des Erwartungsbereichs einer spontanen LD lag. Nimmt man die 10 unklar luziden Pbn hinzu, zeigt sich mit Blick auf deren geringe Vorerfahrung, dass bei max. 4 ein spontanes LD in nur einer Nacht erwartbar wäre.
Gruppenstatistisch erreicht die LD-Rate in der WBTB-Nacht lt. Binomialtests nur dann die kritische Wirksamkeitsmarke, wenn je nach Auslegungsstrenge mind. 2 bzw. 5 der 10 unsicheren Pbn tatsächlich luzide geträumt haben. Im letzteren Fall wäre dies ein erster schwacher Hinweis auf die Wirksamkeit alleinigen WBTB. Wenngleich von unterschiedlichen Graden von Luzidität auszugehen ist, bleibt offen, wie viele der 10 „ja“ statt „weiß nicht genau“ in einem dichotomen Antwortformat angekreuzt hätten. Somit bleibt die Frage nach der Wirksamkeit von alleinigem WBTB zu LD-Induktion weiterhin ungeklärt.
Betrachtet man auch die DRF vor und in der Studiennacht, indem man Einzelnachterwartungswerte ableitet, liegen die 56 % Traumerinnerung in der Studiennacht auch bei strengem Ansatz signifikant oberhalb des Erwartungswerts. Somit ergibt sich ein Wirksamkeitsbeleg des WBTB zur Steigerung der Traumerinnerung.
Wake-up-back-to-bed könnte ein Katalysator für LDs sein, indem DR gesteigert wird und gemäß Kontinuitätstheorie in Kombination mit nächtlichem MILD zu einer höheren LDR führt als ohne WBTB erwartbar. Ungeklärt bleibt, auch mit Blick auf die explorativen Korrelationen, ob ein etwaiger Effekt des WBTB auf die LD-Rate ausschließlich indirekt über einen Effekt auf die DRF wirkt. Dies bleibt in weiteren Studien zu klären.
Die Studie ist mit zahlreichen Limitationen behaftet, die überwiegend auch andere LD-Studien betreffen. Ein Teil liegt im Studiendesign und -gegenstand begründet, weil nicht objektivierbare, schwer fassbare Traumphänomene verzerranfällig subjektiv und retrospektiv über längere, unklar definierte Zeiträume erhoben werden.
Ein prospektiver Ansatz wiederum riskiert Verzerrungen durch Protokollierungs‑, Hawthorne-, (Selbst‑)Beobachtungs- und Erwartungseffekte, die alleine dadurch entstehen, dass sich Pbn mit dem Thema LD beschäftigen, und sei es nur in Form von Fragebögen. Befragt man Pbn zu einem faszinierenden Phänomen wie LD, wird dadurch eine bewusste oder unbewusste, auch ungewollte gedankliche oder auch gezielte Auseinandersetzung kaum vermeidbar sein. Selbst wenn man Pbn explizit instruiert, keine weitere Induktionstechnik anzuwenden, ist dies nicht auszuschließen (vgl. Nicht-an-den-rosa Elefanten-denken-Dürfen), erst recht nicht, da kognitive Induktionstechniken wie Vorsatzbildung und RC auch unintendiert stattfinden können. Alleine dadurch, dass Pbn wissen, dass in einer Nacht LD „gejagt“ und sie danach gefragt werden, ist ein Effekt anzunehmen, erst recht, wenn klar ist, dass Zweck der Schlafunterbrechung LD-Induktion ist.
Somit ist WBTB praktisch nicht alleinstehend untersuchbar, es sei denn unter Verschleierung des Studienziels und auch dann nur in der ersten Nacht, wie es unser Ansatz war.
Die ethisch abzuwägende Täuschung über Studieninhalte war angesichts unserer spezifischen Fragestellung kaum zu umgehen, eine nachträgliche Aufklärung sollte dies ausgleichen.
Bezüglich des verwendeten WBTB-Protokolls sind vermutlich effektivere Varianten möglich, wobei zu „optimalen“ Weck- und Wachzeiten kein Konsens vorliegt.
Optimalerweise erfolgt die Schlafunterbrechung gezielt in der 3. REM-Phase, wofür entsprechende Ableitungen und ein Weckmechanismus nötig wären, was im Schlaflabor einfach, im Home-Setting ggf. über mobile Geräte realisierbar wäre, die uns nicht verfügbar waren. Standardisierung und Überwachung der Protokolladhärenz erfolgte indirekt und post hoc über Befragung und Datenausschluss.
Eine Limitation der Studie stellen die Stichprobengröße und selektive Zusammensetzung dar. Aufgrund allenfalls niedriger Induktionsraten alleinigen WBTB, und weil für unsere Fragestellung keine Erhöhung über zusätzliche Versuchsnächte zielführend ist, sollte in künftigen Studien ein höheres N, insbesondere an wenig LD-Erfahrenen und Naiven nach poweranalytischer Fallzahlplanung angepeilt werden.
Den verwendeten statistischen Methoden liegen Voraussetzungen wie statistische Unabhängigkeit zugrunde, die bei unseren Daten nicht sicher gewährleistet sind.
Ein kritischer Aspekt der Studie ist die schlafstörende Wirkung des WBTB: Zum einen zeigte sich eine verlängerte Einschlaflatenz am Studienabend mutmaßlich aufgrund des Anspruchs, die vorgegebene fünfstündige Schlafdauer einzuhalten, aber auch durch die Antizipation der Weckung an sich. Überdies zeigten die Daten eine Tendenz zu unruhigem Schlaf und Wiedereinschlafstörungen bzw. langen Einschlaflatenzen nach dem WBTB.
Dies ergibt sich naturgemäß durch den Zeitpunkt der Weckung gegen Morgen, zu dem der Schlafdruck durch die vorangegangenen ca. 5 h Schlaf bereits größtenteils abgebaut ist. Hinzu kam spezifisch für unsere Studie die Bildschirmtätigkeit während der Schlafunterbrechung mit ggf. blauem Lichtspektrum, welches aktivierend/wiedereinschlafstörend wirkt [
18]. Künftige Studien sollten dies umgehen und die Wachphase ohne Bildschirm oder mit Blaulichtfiltern gestalten.
In Induktionsstudien an Pbn mit LD-Wunsch sind weniger spontane Nebenwirkungsberichte zu erwarten als bei unseren Pbn, die bezüglich des Themas in der Studiennacht ahnungslos waren.
Bisherige Studien gingen auf die Untersuchung von Nebenwirkungen des LD sowie dessen Induktionsmethoden allenfalls am Rande ein. Hinweise auf Müdigkeit nach WBTB finden sich bei [
1], auf Einschlafprobleme von Studienabbrechern bei [
19].
Schredl et al. (2020) [
15] berücksichtigten in ihrer Home-WBTB-Studie mit Smartphonenutzung während der Wachphase die Schlaferholsamkeit und gaben – wie wir – den Pbn die Möglichkeit, die WBTB-Nacht selbst zu terminieren und morgens auszuschlafen. Es ergab sich eine Verlängerung der Schlafdauer in WBTB-Nächten und bei deren statistischer Kontrolle eine geringere Erholsamkeit der WBTB- im Vergleich zu anderen Nächten.
WBTB-Studien sollten negative Effekte gezielt erfragen und umgehen. Bei Insomnikern und zu Einschlafstörungen neigenden Personen, egal ob in Studien oder bei Anwendung zu therapeutischen, Trainings- oder Freizeitzwecken, ist aufgrund des Risikos von Einschlafstörungen WBTB nicht empfehlenswert.
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