Erschienen in:
10.10.2022 | Posttraumatische Belastungsstörung | Leitthema
Versorgung traumatisierter Vorschulkinder
Besonderheiten bei 3- bis 6-jährigen Kindern mit Fluchthintergrund
verfasst von:
Dr. rer. nat. Andrea Hahnefeld, Katharina Münch, Sigrid Aberl, Prof. Dr. Peter Henningsen, Prof. Dr. Volker Mall
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 12/2022
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Zusammenfassung
Fast ein Drittel der Asylanträge in Deutschland wird aktuell für Kinder im Alter bis zu 6 Jahren gestellt. Diese Kinder waren oft potenziell traumatisierenden Situationen vor, während und nach der Flucht sowie erhöhtem Stress durch wechselnde Umgebungsbedingungen ausgesetzt, was die Vulnerabilität für Traumafolgestörungen und andere Gesundheitsprobleme im weiteren Verlauf erhöht. Nach fachgerechter Diagnostik kann eine rechtzeitig und gezielt ansetzende Therapie auch bei einem hohen Maß aversiver Erlebnisse den Folgeproblemen einer frühen Traumatisierung entgegenwirken.
Im Folgenden werden zunächst Symptome, Merkmale und Begleiterscheinungen von Traumafolgestörungen bei Kindern mit Fluchthintergrund in übersichtlicher Form dargestellt. Das Verwenden standardisierter Befragungsmethoden, ein partizipatives, kindzentriertes Vorgehen und die ergänzende Einschätzung aus der Außenperspektive der pädagogischen Fachkräfte erhöhen die Validität und Objektivität des diagnostischen Urteils hinsichtlich der kindlichen Traumafolgesymptomatik. Es konnte gezeigt werden, dass das Elternurteil zwar eine gute Spezifität aufweist, die Sensitivität aber durch die multiprofessionelle Vorgehensweise verbessert werden kann.
Die Behandlung sollte über Strukturen im Umfeld und Arbeit mit den Bezugspersonen priorisiert sicherheits- und regulationsorientiert erfolgen. Es wird empfohlen, möglichst breit und niedrigschwellig im sozialen Umfeld der Kinder mit Schulung der pädagogischen Fachkräfte und Psychoedukation der Eltern anzusetzen.
Im weiteren Verlauf sind im Rahmen des stressorbasierten Vorgehens verschiedene psychotherapeutische Methoden einsetzbar, die das Kind aktiv bei der Traumaverarbeitung unterstützen, wobei der Fokus auf der Stärkung der Selbstwirksamkeit und Herstellung entwicklungsförderlicher Bedingungen liegen sollte.