Skip to main content
Erschienen in: Die Chirurgie 12/2023

Open Access 27.11.2023 | Sarkoidose | Übersichten

Multimodale Ultraschalltechniken zur Differenzialdiagnose von Milzherden – eine diagnostische Herausforderung

verfasst von: Prof. Dr. med. Konrad Friedrich Stock, Julia Slotta-Huspenina, Hajo Findeisen, Christian Görg

Erschienen in: Die Chirurgie | Ausgabe 12/2023

Zusammenfassung

Hintergrund

Milztumoren sind selten und können gerade als bildgebender Zufallsbefund eine differenzialdiagnostische Herausforderung darstellen. Aufgrund fehlender großangelegter Biopsiestudien ist die zur Verfügung stehende Literatur hinsichtlich eindeutiger bildgebender Dignitätskriterien begrenzt.

Ziel der Arbeit/Fragestellung

Die vorliegende Arbeit soll die Chancen einer gezielten ärztlichen Anamneseerhebung sowie die Möglichkeiten und Limitationen der multimodalen Sonographie aufzeigen, um mit einfachen und schonenden Methoden zur richtigen Diagnose bei einem Milzherd zu kommen.

Material und Methoden

Selektive Literaturrecherche und klinische Kasuistiken.

Ergebnisse

Bei der Differenzialdiagnostik fokaler Milzläsionen ist die Information über bestehende hämatoonkologische bzw. inflammatorisch-rheumatologische Vorerkrankungen essenziell, um gerade auch Zufallsbefunde korrekt einzuordnen. Neben B‑Bild-Ultraschall (B-US) und farbkodierter Dopplersonographie (FKDS) liefert vor allem die kontrastverstärkte Sonographie (CEUS) differenzialdiagnostisch entscheidende Hinweise. Während im B‑US echoreiche oder arteriell hypervaskularisierte Milzherde in der FKDS/CEUS meist benigne sind, müssen echoarme und arteriell hypoperfundierte Herde weiter abgeklärt werden. Die ultraschallgesteuerte Milzbiopsie hat zwar ein höheres Blutungsrisiko als die Leberbiopsie, ist aber dennoch die schonendste und effektivste Methode, um bei richtiger Indikationsstellung die histologische Klärung von Milzherden zu erreichen.

Diskussion/Schlussfolgerung

Durch die Kombination aus Anamnese und multimodalen Ultraschallmethoden, ggf. ergänzt durch die sonographisch gesteuerte Biopsie, lassen sich fokale Milzläsionen in den meisten Fällen erfolgreich einteilen mit direkten Auswirkungen auf das weitere klinische Vorgehen.
Hinweise

Redaktion

I. Gockel, Leipzig
QR-Code scannen & Beitrag online lesen

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Fokale Milzbefunde sind selten. Ihre tatsächliche klinische Bedeutung hängt stark von patientenspezifischen Faktoren ab, weshalb der exakten Kenntnis von Anamnese und Vorbildgebung eine besondere Rolle zukommt. Moderne Ultraschalltechniken erlauben es, erste morphologische Unterscheidungen vorzunehmen. Abhängig von der klinischen Konsequenz dieser Befunde kann – bei einem Teil der Milzherde – eine sonographisch gesteuerte Milzbiopsie ein hilfreiches Werkzeug zur endgültigen, exakten Einordnung sein. Der vorliegende Artikel möchte das Potenzial verschiedener Ultraschalltechniken für die tägliche Differenzialdiagnose von Milzherden kasuistisch beleuchten.
Milzherde sind selten. Bei sonographischer Diagnose liegen in 80 % sekundäre Herdbildungen und in 20 % Zufallsbefunde, sog. Inzidentalome vor [1]. Im Jahr 1999 ergab eine Auswertung von Ultraschalluntersuchungen im fortlaufenden Kollektiv des internistischen Ultraschallzentrums der Universität Marburg (n = 200.000) bei ca. 0,3 % (n = 550) fokale Milzbefunde. In dem klinisch nicht vorselektionierten Patientengut des Marburger Ultraschall-Labors waren dabei ca. 50 % der Herdbildungen maligne, die größte maligne Subgruppe machte hier das Lymphom aus [1].
Die histologisch gesicherte Studienlage für Milzherde ist – anders als bei der Leber – immer noch dünn, unter anderem bedingt durch die große Zurückhaltung bei der Durchführung von Milzbiopsien aus Angst vor möglichen Komplikationen [2].
In einer kürzlich erschienenen Publikation analysierten Safai Zadeh et al. ein aktuelles Kollektiv (2004–2021) von 139 Patienten mit zufällig diagnostizierten fokalen Milzläsionen, das mit Histologien (n = 18) bzw. dem klinisch-radiologischen Verlauf (n = 121) korreliert wurde: Es zeigte sich bei nur 9/139 Fällen (ca. 6,5 %) ein Malignom, bei 130/139 Fällen (93,5 %) fanden sich im Patientengut benigne Befunde [3]. Für die wissenschaftliche Auswertung der zufällig entdeckten fokalen Milzläsionen wurden diese in die Gruppen „Milzläsionen mit oder ohne (vor-) bekannte maligne Grunderkrankung“ eingeteilt, eine Unterscheidung, die auch klinisch stets berücksichtigt bzw. worüber Klarheit in der Diagnostik angestrebt werden sollte [3, 4].

Klinische, multimodale Ultraschalluntersuchung der Milz

Eine klinische Ultraschalluntersuchung beginnt mit der Anamnese. Neben der expliziten Frage bzw. der klinischen Evaluation einer tumorösen Grunderkrankung müssen zunehmend auch systemisch-infektiologische Ursachen (unter anderem Reiseanamnese, Haustiere) bzw. entzündlich-autoimmune Krankheitsbilder bedacht werden. Bei unklarer Befundkonstellation bzw. entsprechendem klinischem Verdacht auf eine Systemerkrankung ist auch nach der initialen Ultraschalluntersuchung eine weitere Bildgebung bzw. die ergänzende onkologische und rheumatologische Vorstellung anzustreben. Für maligne tumoröse Entitäten gilt: Ein isolierter Milzbefall (z. B. primäres splenisches Lymphom, primäres Angiosarkom der Milz) ist zwar grundsätzlich möglich, jedoch selten, weshalb die Diagnostik stets um eine komplette Abdomensonographie erweitert werden sollte, um potenzielle pathologische Veränderungen anderer Bauchorgane bzw. der Lymphknoten mit zu erfassen (Abb. 1c). Wichtig ist zu wissen, dass ein sekundärer Befall bei ca. einem Drittel aller Patienten mit Morbus Hodgkin und 30–40 % aller Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphomen auftritt. Die Häufigkeit eines primären splenischen Lymphoms beträgt nur ca. 1–2 %. Bei Patienten mit bestehender Karzinomerkrankung stellt eine isolierte Milzmetastasierung eine Rarität dar (ca. 1 %; [2]).
Nach dem Vorliegen sämtlicher Befunde ist die interdisziplinäre Besprechung des Patienten im Tumorboard sinnvoll, auch um interdisziplinär die Entscheidung über eine Milzbiopsie mit eindeutiger klinischer Konsequenz festzulegen und ggf. besondere Maßnahmen zur Materialaufbereitung im Vorfeld einer Biopsie zu klären.

Ultraschalluntersuchungstechnik

Die eigentliche Ultraschalluntersuchung beginnt im B‑Bild-Ultraschall (B-US) mit der Darstellung der Milz in deren maximaler Ausdehnung unter Abbildung eines Hilusgefäßes („Milzhilusebene“), sowie der Darstellung der zweiten Ebene zur Berechnung des orientierenden Milzvolumens nach der Rotationsellipsoidformel (Milzvolumen: Länge × Breite × Tiefe × 0,5). Bei sehr großen Organgrößen kann der Einsatz von Ultraschall-Panorama-Verfahren zur Abbildung der gesamten Milz hilfreich sein (Abb. 1a). Normwerte zur Abschätzung der Milzlänge waren über Jahrzehnte die „4711-Regel“ bzw. die Maximallängen von 13 cm für Männer und 12 cm für Frauen [5].
Aktuelle Daten aus einem Kollektiv hessischer Patienten liefert die Arbeit von Chow et al. Hier wurde bei 1230 gesunden Freiwilligen (Stammzellspender) die Milzlänge und das Milzvolumen sonographisch erfasst und zudem in einer Subkohorte von 75 Patienten im Verlauf vermessen. Die Ergebnisse aus der wissenschaftlichen Publikation werden auch als frei verfügbarer digitaler Rechner („SplenoCalc“) webbasiert zur Verfügung gestellt, wodurch eine exaktere, geschlechterspezifisch und körpergrößenadaptierte Abschätzung der Milzlänge ermöglicht wird [6].
Die Milzgröße nimmt im Alter ab („Altersmilz“), große, voluminöse Milzen präsentieren sich als Splenomegalie bei einer Reihe infektiologischer Erkrankungen (klassisch bei der infektiösen Mononukleose), bei der Sarkoidose und typischerweise bei einer Vielzahl hämatologischer Krankheitsbilder, wie den Leukämien, myeloischen Neoplasien und der eher seltenen systemischen Mastozytose. Die Bestimmung und Wertung der Milzgröße ist ein grundlegendes Puzzleteil auch zur Differenzialdiagnose fokaler Herdbildungen in vergrößerten Milzen.
Nahezu jedes Ultraschallgerät verfügt über einen Konvex- und einen Linearschallkopf. Bei der praktischen Untersuchung der Milz wird zunächst die Milzlänge mit dem Konvexschallkopf erfasst. Im Anschluss wird die Milz auf fokale Befunde hin analysiert. Dies erfolgt durch ein langsames (!), fächerförmiges Kippen des Konvexschallkopfes in beide Richtungen, meist in Höhe des hohen Interkostalschnitts links. Die Atemposition muss individuell ermittelt werden. Wird der Schallkopf weit kaudal aufgesetzt, ist eine Einatmung möglich, ansonsten ist durch das „Vorhangsphänomen“ der Lunge bei tiefer Inspiration die Sicht oft schlechter als bei normaler Atmung. Auch eine Untersuchung im Sitzen von dorsal kann erwogen werden, gerade zur verbesserten Darstellung fokaler Läsionen im Zwerchfelldom. Sollten fokale oder diffuse Veränderungen (inhomogenes Milzparenchymmuster) auffallen, ist eine zusätzliche Untersuchung mit einem hochfrequenten Linearschallkopf (z. B. 9–4 MHz) vorzunehmen, als eine wichtige Ergänzung, um gerade multiple, kleine fokale Veränderungen nicht zu übersehen (Abb. 1b). Nicht immer kann die Milz komplett eingesehen werden. Dies ist eine relevante Limitation. Hier ist im Einzelfall eine Übersichtsbildgebung zu veranlassen.
Die Detektion fokaler Läsionen erfolgt durch langsames, fächerförmiges Kippen des Konvexschallkopfes
Als Abschluss des B‑US der Milz wird perisplenisch mit dem Konvexschallkopf noch nach Nebenmilzen und auch nach Milzhiluslymphknoten und vaskulären Umgehungskreisläufen gesucht.
Die farbkodierte Dopplersonographie (FKDS) ist hilfreich zur Darstellung der zuführenden Milzgefäße und zur Erkennung von Aneurysmata der Milzarterie. Bei der Differenzialdiagnostik für Milzläsionen ist die FKDS vor allem für einen „ersten Eindruck“ zur Vaskularisation der Läsionen hilfreich. So fallen etwa gerade Hämangiome/Splenome durch ein deutlich gesteigertes Gefäßmuster bereits in der FKDS auf und können als solide vitale Läsionen klassifiziert werden. Milzinfarkte und Milzhämatome, seien sie subkapsulär oder intraparenchymal gelegen, sowie Milzabszesse sind durch einen fehlenden Nachweis von Flusssignalen in der FKDS charakterisiert. Für die sichere Unterscheidung von perfundiertem und nichtperfundiertem Milzgewebe zeigt die FKDS - besonders bei unzureichender Geräteeinstellung - Limitationen und wird daher im klinischen Alltag häufig durch die kontrastverstärkte Sonographie (= „contrast-enhanced ultrasound“ oder „CEUS“) ersetzt. Neue Dopplerverfahren (Breitband-Doppler bzw. spezielle Powerdoppler) können sehr hilfreich sein, um größere und mittelgroße Milzinfarkte als solche besser zu identifizieren. Im Pulsed-wave-Doppler (pw-Doppler) lassen sich zudem venöse von arteriellen Spektren innerhalb von Milzherden unterscheiden.
Mit der CEUS kann die Perfusion der Milz in Echtzeit verfolgt werden
Eine wesentliche diagnostische Weiterentwicklung auch zur Dignitätseinschätzung fokaler Milzherde stellt die Kontrastmittelsonographie (CEUS) dar. Bekanntermaßen hat die CEUS die Diagnostik der fokalen inzidentellen Leberherde revolutioniert und ist hier mittlerweile diagnostischer Standard. Bei der CEUS werden wenige Milliliter einer Mikrobläschensuspension (SF-6) venös injiziert. Notwendig ist seitens der Ultraschallgeräte ein spezielles Kontrastmittel-Preset, das nur manche Mittelklasse- und vor allem Highend-Geräte aufweisen. Diese Programme im Ultraschallgerät arbeiten mit einem niedrigen mechanischen Index, um nicht die empfindlichen Mikrobläschen (ca. 4–8 µg Größe) zu zerstören. Hierdurch kann die Perfusion der Milz – und potenzieller Milzherde– in Echtzeit verfolgt werden. Zudem hilft die CEUS, das Milzparenchym – auch in Form von Nebenmilzen – an jeder beliebigen Stelle im Bauchraum zu diagnostizieren. Das Milzparenchym weist im Vergleich zu anderen parenchymatösen Organen in der CEUS ein arteriell starkes und extrem langanhaltendes Perfusionsverhalten auf, das oft noch nach länger als 5 min nach Injektion nachweisbar ist [14]. Bei Kontrastmittel (KM) -Sonographien anderer Bauchorgane lohnt es sich daher stets, nach Ende der organspezifischen Untersuchung auch die Milz mit zu untersuchen, um in der Spätphase noch eventuelle Infarkte oder Milzläsionen mit einem abweichenden KM-Verhalten als einfach zu erhebenden Zufallsbefund abgrenzen zu können.
Die Nebenwirkungen des Ultraschallkontrastmittels werden in der Literatur mit 1:10.000 angegeben, meist treten Symptome einer anaphylaktoiden Reaktion auf. Die CEUS sollte daher von notfallmedizinisch trainiertem Personal durchgeführt werden, entsprechende Medikamente (H1-Antihistaminikum/Diphenhydramin, Kortison, Adrenalin, Infusion, Sauerstoff) in unmittelbarer Reichweite sein. Grundsätzlich muss der Patient sein schriftliches Einverständnis geben.
Die entscheidende Information zur Differenzialdiagnose von Milzherden in der CEUS ist die Unterscheidung zwischen perfundierten und nichtperfundierten Milzherden. So lassen sich echogene Zysten und vaskuläre Pathologien wie Hämatome, Abszesse und Infarkte schnell und sicher abgrenzen. In einem zweiten Schritt können vitale Milzherde anhand ihres arteriellen Perfusionsverhaltens unterschieden werden, dabei wird zwischen arteriell hyper- bzw. isoperfundierten Milzherden in Abgrenzung zu den in der CEUS arteriell hypoperfundierten Milzherden unterschieden.

(Kontrastmittel-)sonographisch gesteuerte Milzpunktion

Die sonographisch gesteuerte Milzpunktion wird von vielen Klinikern immer noch als besonders risikobehaftete Punktion wahrgenommen. In der deutschen DEGUM (Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin)-Multicenterstudie zu ultraschallgesteuerten Punktionen kam es bei insgesamt 63 Milzinterventionen zu zwei relevanten Komplikationen („major complications“, ca. 3,2 %) und zu einer schweren klinischen Blutung, die zu einer Laparotomie führte [7]. Damit war in dieser Studie die Milzbiopsie die risikoreichste abdominelle Punktion, wenngleich sie die geringste Anzahl der eingeschlossenen Punktionslokalisationen ausmachte.
Die Milzbiopsiestudie von Ignee et al. untersuchte 44 Patienten nach sonographischer Milzbiopsie. Nur bei einem Patienten wurde vier Stunden postpunktionell eine mäßig ausgeprägte Blutung festgestellt, die konservativ behandelt werden konnte. Bei einem weiteren, asymptomatischen Patienten fiel bei einer Abdomensonographie, 2 Wochen nach erfolgter Biopsie, zufällig ein Hämatom auf [8]. Von einer britischen Gruppe wird die Komplikationsrate nach 52 Milzbiopsien an 47 Patienten unter Einsatz einer 18-G-Nadel für größere bzw. kleinere Komplikationen mit null bzw. einer Komplikation angegeben, bei einer diagnostischen Erfolgsrate von 90,4 % [9]. Ergänzend muss erwähnt werden, dass die als Alternative zur Biopsie zu diskutierende diagnostisch-therapeutische Splenektomie ebenfalls mit relevanten Komplikationsraten (17,0 %) und sogar Mortalität (1,6 %) assoziiert ist, abgesehen von den infektiologischen Nebeneffekten, gegen die mit Impfungen vorgebeugt wird [10, 11].
Die sonographisch gesteuerte Punktion ist die primär anzuwendende Methode zur Gewebegewinnung
Sollte eine Läsion sonographisch gut einsehbar sein und die Atemcompliance eine gute Kooperation patientenseitig ermöglichen, stellt die sonographisch gesteuerte Punktion die primär anzuwendende Methode zur Gewebegewinnung für die histopathologische Analyse dar [2].
Der Einsatz von Ultraschallpunktionsaufsätzen ermöglicht ein kontrolliertes Vorschieben der Nadel unter Echtzeitbildkontrolle. Bei gleichzeitiger Anwendung der Kontrastmittel (KM)-Sonographie gelingt es auch, bei kleineren Läsionen die Abgrenzbarkeit von Milzparenchymläsionen zu verbessern (Abb. 2a–c).
Grundsätzlich sollte die Indikation zur Milzbiopsie im Tumorboard unter Einbeziehen der interventionellen Radiologie und der Chirurgie gestellt werden.
Bei der Durchführung jeder Milzbiopsie sollten neben Sorgfalt und Respekt vor den Komplikationen stets auch die zeitnahe Verfügbarkeit einer interventionell-radiologischen Einheit bzw. bauchchirurgischer Optionen bedacht werden.

Differenzialdiagnose und ultraschallbasierter Algorithmus zur Abklärung von Milzherden

In Kenntnis von Anamnese und Klinik sowie der bildgebenden Möglichkeiten der multimodalen Ultraschalldiagnostik gilt es vor allem, benigne von malignen Milzherden hinreichend sicher zu trennen und indifferente Läsionen zu identifizieren, bei denen eine ultraschallgesteuerte Biopsie die Lösung des diagnostischen Dilemmas verspricht.
Bestimmte Ultraschallmodalitäten prädisponieren dabei für bestimmte Fragestellungen. Die häufigen, harmlosen Milzzysten lassen sich meistens bereits im B‑US perfekt und diagnostisch als rundlich-echofreie Läsionen abgrenzen, sie sind meistens kongenital oder posttraumatisch. Für die Infarktdiagnostik bei größeren Milzinfarkten ist neben der B‑US zumindest die FKDS, bei kleineren Milzinfarkten stets die CEUS rasch diagnostisch zielführend [12].
Schwieriger ist die Gruppe der soliden vitalen Milztumoren, wobei grundsätzlich zwischen „Inzidentalomen“ und „Nicht-Inzidentalomen“ differenziert werden muss. Hier muss die Zusammenschau sämtlicher Ultraschallmodalitäten erfolgen, oft sind diese dann diagnostisch für benigne Läsionen, wie die häufigeren Hämangiome/Splenome, die sich im B‑US oft echoreich oder isoechogen präsentieren und sich durch eine deutliche Hypervaskularisation in der FKDS bzw. eine arterielle Hyperperfusion in der CEUS auszeichnen (Abb. 3a–c).
Im Gegensatz dazu imponieren die größeren Lymphomherde oft schwächer perfundiert und weisen zudem ein deutliches Auswaschphänomen auf ([13]; Abb. 4).
Schwierig ist die Differenzialdiagnose bei multiplen echoarmen Milzherden, die in allen Phasen keine Kontrastmittelaufnahme zeigen. Auch hier ist der klinische Hintergrund entscheidend. Bei diesen Läsionen stellt sich häufig die Differenzialdiagnose zwischen entzündlichen Läsionen, Abszessen, Sarkoidose und Lymphom (Abb. 5). Gelegentlich kann hier die klinische Zusammenschau aller Befunde diagnostisch ausreichend sein. Oft ist gerade in dieser Gruppe in unserem klinischen Alltag eine ultraschallgesteuerte Milzbiopsie von großem diagnostischen Wert und wegweisend für die Therapie [3, 5].
Der Algorithmus zur Abklärung von Milzläsionen fasst unsere Empfehlungen nochmals zusammen (Abb. 6).

Fazit für die Praxis

  • Entscheidend für die Differenzialdiagnose von Milzherden ist die Anamnese, insbesondere die Information über onkologische Vorerkrankungen, um so echte Zufallsbefunde in der Milz besser erkennen zu können.
  • Die meisten Zufallsbefunde fokaler Milzläsionen sind benigne.
  • Multimodale Ultraschalltechniken und vor allem die kontrastverstärkte Sonographie helfen dabei, zwischen harmlosen benignen Herden (echoreich, hypervaskularisiert) und malignitätsverdächtigen Herdläsionen (echoarm, hypoperfundiert) zu unterscheiden.
  • Die ultraschallgesteuerte Milzbiopsie hat zwar eine deutlich höhere Komplikationsrate als die Leberbiopsie, ist bei korrekter und überlegter Indikationsstellung relativ nebenwirkungsarm und oft zielführend.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

K.F. Stock, J. Slotta-Huspenina, H. Findeisen und C. Görg geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Unsere Produktempfehlungen

Die Chirurgie

Print-Titel

Das Abo mit mehr Tiefe

Mit der Zeitschrift Die Chirurgie erhalten Sie zusätzlich Online-Zugriff auf weitere 43 chirurgische Fachzeitschriften, CME-Fortbildungen, Webinare, Vorbereitungskursen zur Facharztprüfung und die digitale Enzyklopädie e.Medpedia.

Bis 30. April 2024 bestellen und im ersten Jahr nur 199 € zahlen!

e.Med Interdisziplinär

Kombi-Abonnement

Für Ihren Erfolg in Klinik und Praxis - Die beste Hilfe in Ihrem Arbeitsalltag

Mit e.Med Interdisziplinär erhalten Sie Zugang zu allen CME-Fortbildungen und Fachzeitschriften auf SpringerMedizin.de.

e.Dent – Das Online-Abo der Zahnmedizin

Online-Abonnement

Mit e.Dent erhalten Sie Zugang zu allen zahnmedizinischen Fortbildungen und unseren zahnmedizinischen und ausgesuchten medizinischen Zeitschriften.

Literatur
1.
Zurück zum Zitat Görg C (2023) CEUS: Milz. In: Ultraschall 2023, 46. Dreiländertreffen vom 11.–14. 10. 2023 Mainz Görg C (2023) CEUS: Milz. In: Ultraschall 2023, 46. Dreiländertreffen vom 11.–14. 10. 2023 Mainz
2.
Zurück zum Zitat Safai Zadeh E et al (2021) Spleen biopsy: “pros and cons” or better “when and when not?”. Z Gastroenterol 59(8):879–885PubMed Safai Zadeh E et al (2021) Spleen biopsy: “pros and cons” or better “when and when not?”. Z Gastroenterol 59(8):879–885PubMed
3.
Zurück zum Zitat Safai Zadeh E et al (2023) Evaluation and classification of incidentally detected splenic lesions based on B‑mode and contrast-enhanced ultrasound. Ultraschall Med doi: 10.1055/a-2001-5516. Epub ahead of print Safai Zadeh E et al (2023) Evaluation and classification of incidentally detected splenic lesions based on B‑mode and contrast-enhanced ultrasound. Ultraschall Med doi: 10.1055/a-2001-5516. Epub ahead of print
4.
Zurück zum Zitat Stang A et al (2011) Incidentally detected splenic lesions in ultrasound: does contrast-enhanced ultrasonography improve the differentiation of benign hemangioma/hamartoma from malignant lesions? Ultraschall Med 32(6):582–592CrossRefPubMed Stang A et al (2011) Incidentally detected splenic lesions in ultrasound: does contrast-enhanced ultrasonography improve the differentiation of benign hemangioma/hamartoma from malignant lesions? Ultraschall Med 32(6):582–592CrossRefPubMed
6.
Zurück zum Zitat Chow KU et al (2016) Spleen size is significantly influenced by body height and sex: establishment of normal values for spleen size at US with a cohort of 1200 healthy individuals. Radiology 279(1):306–313CrossRefPubMed Chow KU et al (2016) Spleen size is significantly influenced by body height and sex: establishment of normal values for spleen size at US with a cohort of 1200 healthy individuals. Radiology 279(1):306–313CrossRefPubMed
7.
Zurück zum Zitat Strobel D et al (2015) Incidence of bleeding in 8172 percutaneous ultrasound-guided intraabdominal diagnostic and therapeutic interventions—Results of the prospective multicenter DEGUM interventional ultrasound study (PIUS study). Ultraschall Med 36(2):122–131CrossRefPubMed Strobel D et al (2015) Incidence of bleeding in 8172 percutaneous ultrasound-guided intraabdominal diagnostic and therapeutic interventions—Results of the prospective multicenter DEGUM interventional ultrasound study (PIUS study). Ultraschall Med 36(2):122–131CrossRefPubMed
8.
Zurück zum Zitat Ignee A et al (2014) Percutaneous biopsies of splenic lesions—A clinical and contrast enhanced ultrasound based algorithm. Clin Hemorheol Microcirc 58(4):529–541CrossRefPubMed Ignee A et al (2014) Percutaneous biopsies of splenic lesions—A clinical and contrast enhanced ultrasound based algorithm. Clin Hemorheol Microcirc 58(4):529–541CrossRefPubMed
9.
Zurück zum Zitat Patel N, Dawe G, Tung K (2015) Ultrasound-guided percutaneous splenic biopsy using an 18‑G core biopsy needle: our experience with 52 cases. Br J Radiol 88(1055):20150400CrossRefPubMedPubMedCentral Patel N, Dawe G, Tung K (2015) Ultrasound-guided percutaneous splenic biopsy using an 18‑G core biopsy needle: our experience with 52 cases. Br J Radiol 88(1055):20150400CrossRefPubMedPubMedCentral
10.
Zurück zum Zitat Buzele R et al (2016) Medical complications following splenectomy. J Visc Surg 153(4):277–286CrossRefPubMed Buzele R et al (2016) Medical complications following splenectomy. J Visc Surg 153(4):277–286CrossRefPubMed
11.
Zurück zum Zitat Bagrodia N et al (2014) Morbidity and mortality following elective splenectomy for benign and malignant hematologic conditions: analysis of the American College of Surgeons National Surgical Quality Improvement Program data. JAMA Surg 149(10):1022–1029CrossRefPubMed Bagrodia N et al (2014) Morbidity and mortality following elective splenectomy for benign and malignant hematologic conditions: analysis of the American College of Surgeons National Surgical Quality Improvement Program data. JAMA Surg 149(10):1022–1029CrossRefPubMed
12.
Zurück zum Zitat Piscaglia F et al (2012) The EFSUMB guidelines and recommendations on the clinical practice of contrast enhanced ultrasound (CEUS): update 2011 on non-hepatic applications. Ultraschall Med 33(1):33–59CrossRefPubMed Piscaglia F et al (2012) The EFSUMB guidelines and recommendations on the clinical practice of contrast enhanced ultrasound (CEUS): update 2011 on non-hepatic applications. Ultraschall Med 33(1):33–59CrossRefPubMed
13.
14.
Zurück zum Zitat Lim AK et al (2004) Evidence for spleen-specific uptake of a microbubble contrast agent: a quantitative study in healthy volunteers. Radiology 231(3):785–788CrossRefPubMed Lim AK et al (2004) Evidence for spleen-specific uptake of a microbubble contrast agent: a quantitative study in healthy volunteers. Radiology 231(3):785–788CrossRefPubMed
Metadaten
Titel
Multimodale Ultraschalltechniken zur Differenzialdiagnose von Milzherden – eine diagnostische Herausforderung
verfasst von
Prof. Dr. med. Konrad Friedrich Stock
Julia Slotta-Huspenina
Hajo Findeisen
Christian Görg
Publikationsdatum
27.11.2023
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Die Chirurgie / Ausgabe 12/2023
Print ISSN: 2731-6971
Elektronische ISSN: 2731-698X
DOI
https://doi.org/10.1007/s00104-023-02018-1

Weitere Artikel der Ausgabe 12/2023

Die Chirurgie 12/2023 Zur Ausgabe

Einführung zum Thema

Chirurgie der Milz

Vorsicht, erhöhte Blutungsgefahr nach PCI!

10.05.2024 Koronare Herzerkrankung Nachrichten

Nach PCI besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko, wenn die Behandelten eine verminderte linksventrikuläre Ejektionsfraktion aufweisen. Das Risiko ist umso höher, je stärker die Pumpfunktion eingeschränkt ist.

Darf man die Behandlung eines Neonazis ablehnen?

08.05.2024 Gesellschaft Nachrichten

In einer Leseranfrage in der Zeitschrift Journal of the American Academy of Dermatology möchte ein anonymer Dermatologe bzw. eine anonyme Dermatologin wissen, ob er oder sie einen Patienten behandeln muss, der eine rassistische Tätowierung trägt.

Deutlich weniger Infektionen: Wundprotektoren schützen!

08.05.2024 Postoperative Wundinfektion Nachrichten

Der Einsatz von Wundprotektoren bei offenen Eingriffen am unteren Gastrointestinaltrakt schützt vor Infektionen im Op.-Gebiet – und dient darüber hinaus der besseren Sicht. Das bestätigt mit großer Robustheit eine randomisierte Studie im Fachblatt JAMA Surgery.

Chirurginnen und Chirurgen sind stark suizidgefährdet

07.05.2024 Suizid Nachrichten

Der belastende Arbeitsalltag wirkt sich negativ auf die psychische Gesundheit der Angehörigen ärztlicher Berufsgruppen aus. Chirurginnen und Chirurgen bilden da keine Ausnahme, im Gegenteil.

Update Chirurgie

Bestellen Sie unseren Fach-Newsletter und bleiben Sie gut informiert.

S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Karpaltunnelsyndroms“

Karpaltunnelsyndrom BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Das Karpaltunnelsyndrom ist die häufigste Kompressionsneuropathie peripherer Nerven. Obwohl die Anamnese mit dem nächtlichen Einschlafen der Hand (Brachialgia parästhetica nocturna) sehr typisch ist, ist eine klinisch-neurologische Untersuchung und Elektroneurografie in manchen Fällen auch eine Neurosonografie erforderlich. Im Anfangsstadium sind konservative Maßnahmen (Handgelenksschiene, Ergotherapie) empfehlenswert. Bei nicht Ansprechen der konservativen Therapie oder Auftreten von neurologischen Ausfällen ist eine Dekompression des N. medianus am Karpaltunnel indiziert.

Prof. Dr. med. Gregor Antoniadis
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.

S2e-Leitlinie „Distale Radiusfraktur“

Radiusfraktur BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Das Webinar beschäftigt sich mit Fragen und Antworten zu Diagnostik und Klassifikation sowie Möglichkeiten des Ausschlusses von Zusatzverletzungen. Die Referenten erläutern, welche Frakturen konservativ behandelt werden können und wie. Das Webinar beantwortet die Frage nach aktuellen operativen Therapiekonzepten: Welcher Zugang, welches Osteosynthesematerial? Auf was muss bei der Nachbehandlung der distalen Radiusfraktur geachtet werden?

PD Dr. med. Oliver Pieske
Dr. med. Benjamin Meyknecht
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.

S1-Leitlinie „Empfehlungen zur Therapie der akuten Appendizitis bei Erwachsenen“

Appendizitis BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Inhalte des Webinars zur S1-Leitlinie „Empfehlungen zur Therapie der akuten Appendizitis bei Erwachsenen“ sind die Darstellung des Projektes und des Erstellungswegs zur S1-Leitlinie, die Erläuterung der klinischen Relevanz der Klassifikation EAES 2015, die wissenschaftliche Begründung der wichtigsten Empfehlungen und die Darstellung stadiengerechter Therapieoptionen.

Dr. med. Mihailo Andric
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.