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Erschienen in: Die Orthopädie 10/2023

25.07.2023 | Arthritis | Übersichten

Die Fallberichte des Galen von Pergamon über entzündliche Erkrankungen des Bewegungsapparats

verfasst von: Prof. Dr. med. Dr. phil. Werner A. Golder

Erschienen in: Die Orthopädie | Ausgabe 10/2023

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Zusammenfassung

Hintergrund

Die Fallbeschreibungen im Opus des griechisch-römischen Arztes Galen von Pergamon sind bisher überwiegend literarisch und sozialhistorisch untersucht worden. Die auf die medizinischen Aspekte fokussierte Analyse ist noch unvollständig.

Fragestellung

Welche Kompetenz vermitteln die galenischen Fallberichte über entzündliche Erkrankungen des Bewegungsapparats?

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Die 358 galenischen Kasuistiken wurden auf anamnestische, klinische, therapeutische und epidemiologische Aussagen zu entzündlichen Erkrankungen des Bewegungsapparats untersucht.

Ergebnisse

Es konnten acht Fallberichte identifiziert werden, in denen entzündliche Erkrankungen des Bewegungsapparats thematisiert sind; die Kasuistiken finden sich in den Schriften Über die Mischungen und Eigenschaften der einfachen Heilmittel (n = 3), Über die Herstellung der verschiedenen Arten von Heilmitteln (n = 2), Medizinische Methodenlehre für Glaukon (n = 1), Simulantenschrift (n = 1) und im Kommentar zu den Aphorismen des Hippokrates (n = 1). Es werden sieben männliche Einzelpersonen und eine Gruppe von Patienten beschrieben; in einem Fall wird ein Eigenname mitgeteilt. Die Schilderungen folgen keinem festen Gliederungsschema. Die Texte werden von Angaben zu Ana- und Katamnese, den Ergebnissen der körperlichen Untersuchung und der Wahl der Behandlung dominiert. Mehrfach hat der Autor die Fallbeschreibung mit theoretischen Ausführungen kombiniert. Die häufigsten entzündlichen Erkrankungen des Bewegungsapparats, mit denen sich Galen konfrontiert sah, waren Weichteilschwellungen ohne/mit begleitende(n) Hauterscheinungen, Gicht, Arthritis und Ischias. Knie und Füße waren häufiger befallen als die Hände. Stets ist Galen selbst der beobachtende und behandelnde Arzt. Die Therapie war von Salben, Fetten und Ölen dominiert, die zur Ablenkung bzw. Austrocknung krankmachender Säfte führen sollten. Die Aussagen zur Prognose waren überwiegend günstig.

Diskussion

Die Fallberichte illustrieren mehrere entzündliche Erkrankungen des Bewegungsapparats, ohne dass bestimmte nosologische Entitäten retrospektiv zuverlässig identifiziert werden können. Auch die Gleichsetzung von „arthritis“ mit chronischer Polyarthritis und „podagra“ mit Gicht ist nicht in allen Fällen gesichert. Die Arzt-Patienten-Gespräche bilden das inhaltlich wie stilistisch originellste Element. Die Ausführungen zur Wahl der Therapie zeigen, dass dem Arzt der Antike für die Behandlung von Patienten mit entzündlichen Erkrankungen des Bewegungsapparats zahlreiche gemischte Arzneimittel zur äußerlichen Anwendung zur Verfügung standen, die stets nach kritischer Abwägung der Vor- und Nachteile verordnet worden sind.
Fußnoten
1
Das Kürzel „K“ bezeichnet die Position des Ausschnitts innerhalb der trotz ihres Alters (Erscheinungszeitraum: 1821–1833) noch heute vielverwendeten 20bändigen (I–XX) Ausgabe der Werke Galens von Karl Gottlob Kühn, Physiologe und Pathologe in Leipzig. Das Opus enthält den griechischen Text sowie die lateinische Übersetzung von 134 der 436 bekannten galenischen und pseudogalenischen Schriften sowie eine ausführlich dokumentierte Biografie des Pergameners [9].
 
2
Sonst unbekannter, auch von Galen nur an dieser Stelle erwähnter prominenter Gesprächspartner.
 
Literatur
1.
Zurück zum Zitat Boudon-Millot V (2014) Greek and Roman patients under Galen’s gaze: a doctor at the crossroads of two cultures. Stud Anc Med 42:7–24PubMed Boudon-Millot V (2014) Greek and Roman patients under Galen’s gaze: a doctor at the crossroads of two cultures. Stud Anc Med 42:7–24PubMed
2.
Zurück zum Zitat Grmek M (1983) Diseases in the ancient greek world Baltimore, London, S 6–8 Grmek M (1983) Diseases in the ancient greek world Baltimore, London, S 6–8
3.
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4.
5.
Zurück zum Zitat Marx FJ (2013) Galen von Pergamon (129–216/217 n. Chr.) und sein Beitrag zur Urologie. Teil II: Urologische Behandlung in Theorie und Praxis. Urologe A 52:706–715CrossRefPubMed Marx FJ (2013) Galen von Pergamon (129–216/217 n. Chr.) und sein Beitrag zur Urologie. Teil II: Urologische Behandlung in Theorie und Praxis. Urologe A 52:706–715CrossRefPubMed
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Zurück zum Zitat Mattern SP (2008) Galen and the rhetoric of healing. The Johns Hopkins University Press, BaltimoreCrossRef Mattern SP (2008) Galen and the rhetoric of healing. The Johns Hopkins University Press, BaltimoreCrossRef
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Zurück zum Zitat Mattern SP (2013) The prince of medicine. Galen in the Roman empire. Oxford Mattern SP (2013) The prince of medicine. Galen in the Roman empire. Oxford
9.
Zurück zum Zitat Schubring K (1965) Bemerkungen zu der Galenausgabe von Karl Gottlob Kühn und zu ihrem Nachdruck (Bibliographische Hinweise zu Galen. Sonderdruck aus Claudii Galeni Opera omnia, tom. XX [Konrad Schubring] Hildesheim. I–LXII) Schubring K (1965) Bemerkungen zu der Galenausgabe von Karl Gottlob Kühn und zu ihrem Nachdruck (Bibliographische Hinweise zu Galen. Sonderdruck aus Claudii Galeni Opera omnia, tom. XX [Konrad Schubring] Hildesheim. I–LXII)
Metadaten
Titel
Die Fallberichte des Galen von Pergamon über entzündliche Erkrankungen des Bewegungsapparats
verfasst von
Prof. Dr. med. Dr. phil. Werner A. Golder
Publikationsdatum
25.07.2023
Verlag
Springer Medizin
Schlagwort
Arthritis
Erschienen in
Die Orthopädie / Ausgabe 10/2023
Print ISSN: 2731-7145
Elektronische ISSN: 2731-7153
DOI
https://doi.org/10.1007/s00132-023-04411-4

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