Skip to main content

2015 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. Demografische Entwicklung und Seniorenkriminalität: Kriminalstatistische Projektionen

verfasst von : Gerhard Spiess

Erschienen in: Straffälligkeit älterer Menschen

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Zusammenfassung

Der Beitrag stellt auf der Grundlage von Hellfelddaten der Polizeilichen Kriminalstatistik und der Strafverfolgungsstatistik Abschätzungen der Auswirkungen der erwarteten demografischen Entwicklung auf Kriminalitätsumfang und -struktur im Hellfeld für Deutschland bis ins Jahr 2050 vor. Grundsätzliche Probleme und Grenzen prognostischer Abschätzungen des Kriminalitätsaufkommens werden angesprochen. Ausgehend von der altersspezifischen Deliktsstruktur und den altersabhängig unterschiedlichen Inzidenzraten werden von den absehbaren demografischen Veränderungen (Rückgang der Gesamtbevölkerung, insbesondere der überdurchschnittlich delinquenzbelasteten jüngeren Altersgruppen, Zunahme der Altersgruppen 60+) keineswegs nur triviale Effekte im Sinne eines Rückgangs des Kriminalitätsaufkommens („weniger Jugend – weniger Kriminalität – sicherere Gesellschaft“) erwartet: Insbesondere in der Gruppe der Senioren sind, geschlechts- und altersabhängig, einige nichttriviale Sonderentwicklungen gegenläufig zur erwarteten Abnahme der Tatverdächtigenzahlen insgesamt zu erwarten. Dazu gehören die Auswirkungen der altersspezifisch zunehmenden Selbst- wie auch Fremdgefährdung insbesondere im Straßenverkehr, bei der privaten Verfügung über Schusswaffen, bei modernen Formen der Betrugs- und Bereicherungsdelinquenz, bei Umwelt- und Brandstiftungsdelikten.
Fußnoten
1
Zur Opfergefährdung im Seniorenalter Görgen 2010; Spiess 2013; Heinz 2014.
 
2
So durch den Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (dapd 2.2.2013); zu früheren Bestrebungen s. die Nachweise bei Albrecht u. Dünkel 1981.
 
3
Diese Schätzung ergibt sich aus der Kumulation der jeweiligen Ein-Jahres-Prävalenzen der 60- bis unter 80-Jährigen und dem in Polizeikreisen (▶ Abschn. 4.1) genannten Anteil von 70 % „erstmals“ (d. h. ohne Voreintragung im überschaubaren Zeitraum) Registrierten.
 
4
Deutsche Wirtschafts Nachrichten online, 2.2.2013, unter Berufung auf den Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK).
 
5
Im Zeitraum von 2003–2013 hat die (zuvor seit Beginn der 1990er Jahre stark gestiegene) TVBZ der Deutschen von 8 bis unter 21 Jahren um 26 % abgenommen, die (zuvor weniger stark angestiegene) Belastung der Erwachsenen ab 21 ebenso wie die der Senioren ab 60 um 6 %.
 
6
Dazu und zur kriminologischen Kritik an diesem Konzept s. den Übersichtsartikel von Albrecht u. Dünkel (1981).
 
7
In einer Bevölkerungsbefragung 2009/2010 (N = 22.050) ermittelte das Robert Koch-Institut als Risikokonsum bewertete Trinkmuster bei 18,5 % der Frauen und 27 % der Männer ab 65 Jahren (Robert Koch-Institut 2012, S. 141).
 
8
Bei einer Nachuntersuchung nach Verkehrsstraftaten asservierter Blutproben wurden in 14 % der Proben von Senioren psychotrope Substanzen ohne Alkoholnachweis, in weiteren 16 % zusätzlich zu einer strafrechtlich relevanten Alkoholisierung gefunden (Heinemann et al. 2004, S. 119).
 
Literatur
Zurück zum Zitat Albrecht H-J, Dünkel F (1981) Die vergessene Minderheit – Alte Menschen als Straftäter. Z Geront 14:259–273 Albrecht H-J, Dünkel F (1981) Die vergessene Minderheit – Alte Menschen als Straftäter. Z Geront 14:259–273
Zurück zum Zitat Baier D, Hanslmaier M (2013) Demografische Entwicklung und Prognose der Kriminalität – Extrapolationen reichen nicht aus. Kriminalistik 67:587–594 Baier D, Hanslmaier M (2013) Demografische Entwicklung und Prognose der Kriminalität – Extrapolationen reichen nicht aus. Kriminalistik 67:587–594
Zurück zum Zitat Blinkert B (1988) Kriminalität als Modernisierungsrisiko. Das „Hermes-Syndrom“ der entwickelten Industriegesellschaften. Soziale Welt 39:397–412 Blinkert B (1988) Kriminalität als Modernisierungsrisiko. Das „Hermes-Syndrom“ der entwickelten Industriegesellschaften. Soziale Welt 39:397–412
Zurück zum Zitat Bretz M (2001) Zur Treffsicherheit von Bevölkerungsvorausberechnungen. Wirtschaft und Statistik 11:906–-921 Bretz M (2001) Zur Treffsicherheit von Bevölkerungsvorausberechnungen. Wirtschaft und Statistik 11:906–-921
Zurück zum Zitat Bundeskriminalamt (2014) Polizeiliche Kriminalstatistik. Jahrbuch 2013. Bundeskriminalamt Wiesbaden Bundeskriminalamt (2014) Polizeiliche Kriminalstatistik. Jahrbuch 2013. Bundeskriminalamt Wiesbaden
Zurück zum Zitat Glaeske G (2011) Psychotrope und andere Arzneimittel mit Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential. In: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen: Jahrbuch Sucht, Geesthacht, S 73–96 Glaeske G (2011) Psychotrope und andere Arzneimittel mit Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential. In: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen: Jahrbuch Sucht, Geesthacht, S 73–96
Zurück zum Zitat Gluba A, Wolter D (2009) Nachwuchssorgen bei der Kriminalität? Demografische Einflüsse auf die Kriminalitätsentwicklung. Ergebnisse einer Trendextrapolation zur Tatverdächtigenzahl in Niedersachsen bis 2027. Kriminalistik 63:284–291 Gluba A, Wolter D (2009) Nachwuchssorgen bei der Kriminalität? Demografische Einflüsse auf die Kriminalitätsentwicklung. Ergebnisse einer Trendextrapolation zur Tatverdächtigenzahl in Niedersachsen bis 2027. Kriminalistik 63:284–291
Zurück zum Zitat Görgen T (Hrsg) (2010) Sicherer Hafen oder gefahrvolle Zone? Kriminalitäts- und Gewalterfahrungen im Leben alter Menschen. Verlag für Polizeiwissenschaft, Frankfurt/Main Görgen T (Hrsg) (2010) Sicherer Hafen oder gefahrvolle Zone? Kriminalitäts- und Gewalterfahrungen im Leben alter Menschen. Verlag für Polizeiwissenschaft, Frankfurt/Main
Zurück zum Zitat Hanslmaier M, Kemme S, Stoll K, Baier D (2014) Kriminalität im Jahr 2020. Erklärung und Prognose registrierter Kriminalität in Zeiten demografischen Wandels. Springer VS, Wiesbaden Hanslmaier M, Kemme S, Stoll K, Baier D (2014) Kriminalität im Jahr 2020. Erklärung und Prognose registrierter Kriminalität in Zeiten demografischen Wandels. Springer VS, Wiesbaden
Zurück zum Zitat Heinemann A, Grellner W, Preuß J et al (2004) Zur Straßenverkehrsdelinquenz durch psychotrope Substanzen bei Senioren in drei Regionen Deutschlands, Teil II: Medikamente und Betäubungsmittel. Blutalkohol 41:117–127 Heinemann A, Grellner W, Preuß J et al (2004) Zur Straßenverkehrsdelinquenz durch psychotrope Substanzen bei Senioren in drei Regionen Deutschlands, Teil II: Medikamente und Betäubungsmittel. Blutalkohol 41:117–127
Zurück zum Zitat Heinz W (2013) „Wir werden weniger und die Wenigen werden immer älter.“ Zu den möglichen Auswirkungen des demografischen Wandels auf Kriminalität und Kriminalitätskontrolle. In: Rechtspsychologie, Kriminologie und Praxis. Festschrift für Rudolf Egg zum 65. Geburtstag. Kriminologische Zentralstelle, Wiesbaden, S 261–310 Heinz W (2013) „Wir werden weniger und die Wenigen werden immer älter.“ Zu den möglichen Auswirkungen des demografischen Wandels auf Kriminalität und Kriminalitätskontrolle. In: Rechtspsychologie, Kriminologie und Praxis. Festschrift für Rudolf Egg zum 65. Geburtstag. Kriminologische Zentralstelle, Wiesbaden, S 261–310
Zurück zum Zitat Heinz W (2014) Alte Menschen als Tatverdächtige und als Opfer – Ergebnisse einer Sonderauswertung der neuen Polizeilichen Kriminalstatistik, in: Baier D, Mößle Th (Hrsg) Kriminologie ist Gesellschaftswissenschaft. Festschrift für Christian Pfeiffer zum 70. Geburtstag. Nomos, Baden-Baden, S 239–259 Heinz W (2014) Alte Menschen als Tatverdächtige und als Opfer – Ergebnisse einer Sonderauswertung der neuen Polizeilichen Kriminalstatistik, in: Baier D, Mößle Th (Hrsg) Kriminologie ist Gesellschaftswissenschaft. Festschrift für Christian Pfeiffer zum 70. Geburtstag. Nomos, Baden-Baden, S 239–259
Zurück zum Zitat Hempel CG, Oppenheim P (1948) Studies in the logic of explanation. Philos Sci 15:135–175CrossRef Hempel CG, Oppenheim P (1948) Studies in the logic of explanation. Philos Sci 15:135–175CrossRef
Zurück zum Zitat Killias M (2013) Auf die Tatkonstellationen kommt es an: Zur raum-zeitlichen Variabilität von Mord und Suizid. In: Dölling D, Jehle J-M (Hrsg) Täter, Taten, Opfer. Grundlagenfragen und aktuelle Probleme der Kriminalität und ihrer Kontrolle. Forum Verlag Godesberg, Mönchengladbach, S 140–150 Killias M (2013) Auf die Tatkonstellationen kommt es an: Zur raum-zeitlichen Variabilität von Mord und Suizid. In: Dölling D, Jehle J-M (Hrsg) Täter, Taten, Opfer. Grundlagenfragen und aktuelle Probleme der Kriminalität und ihrer Kontrolle. Forum Verlag Godesberg, Mönchengladbach, S 140–150
Zurück zum Zitat Killias M, Haas H (2002) The role of weapons in violent acts. J Interpers Violence 17:14–32CrossRef Killias M, Haas H (2002) The role of weapons in violent acts. J Interpers Violence 17:14–32CrossRef
Zurück zum Zitat Robert Koch-Institut (Hrsg) (2012) Daten und Fakten. Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. RKI, Berlin Robert Koch-Institut (Hrsg) (2012) Daten und Fakten. Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. RKI, Berlin
Zurück zum Zitat Spiess G (2009) Demografischer Wandel und altersspezifische Kriminalität. Projektion der Entwicklung bis 2050. In: Naderi R (Hrsg) Auswirkungen demographischer Entwicklungen auf Sicherheitsfragen. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Wiesbaden, Materialien zur Bevölkerungswissenschaft, Heft 128, S 35–56 Spiess G (2009) Demografischer Wandel und altersspezifische Kriminalität. Projektion der Entwicklung bis 2050. In: Naderi R (Hrsg) Auswirkungen demographischer Entwicklungen auf Sicherheitsfragen. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Wiesbaden, Materialien zur Bevölkerungswissenschaft, Heft 128, S 35–56
Zurück zum Zitat Spiess G (2012) Jugendkriminalität in Deutschland – zwischen Fakten und Dramatisierung. Kriminalstatistische und kriminologische Befunde. Konstanzer Inventar Kriminalitätsentwicklung. Online-Publikation im Konstanzer Inventar Kriminalitätsentwicklung http://www.ki.uni-konstanz.de/kik/. Zugegriffen: 26. März 2015 Spiess G (2012) Jugendkriminalität in Deutschland – zwischen Fakten und Dramatisierung. Kriminalstatistische und kriminologische Befunde. Konstanzer Inventar Kriminalitätsentwicklung. Online-Publikation im Konstanzer Inventar Kriminalitätsentwicklung http://​www.​ki.​uni-konstanz.​de/​kik/​. Zugegriffen: 26. März 2015
Zurück zum Zitat Spiess G (2013) Ältere Menschen als Opfer und als Straftäter. Entwicklungsszenarien in der alternden Gesellschaft. In: Schwarzenegger Ch, Nägeli R (Hrsg) 6. Zürcher Präventionsforum – Ältere Menschen und ihre Erfahrungen mit der Kriminalität. Schulthess, Zürich, S 162–207 Spiess G (2013) Ältere Menschen als Opfer und als Straftäter. Entwicklungsszenarien in der alternden Gesellschaft. In: Schwarzenegger Ch, Nägeli R (Hrsg) 6. Zürcher Präventionsforum – Ältere Menschen und ihre Erfahrungen mit der Kriminalität. Schulthess, Zürich, S 162–207
Zurück zum Zitat Statistisches Bundesamt (2009) Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2009) Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. Wiesbaden
Zurück zum Zitat Statistisches Bundesamt (2013a) Vorläufige Wanderungsergebnisse 2012. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2013a) Vorläufige Wanderungsergebnisse 2012. Wiesbaden
Zurück zum Zitat Statistisches Bundesamt (2013b) Unfälle von Senioren im Straßenverkehr 2012. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2013b) Unfälle von Senioren im Straßenverkehr 2012. Wiesbaden
Zurück zum Zitat Statistisches Bundesamt (2014a) Vorläufige Ergebnisse der Bevölkerungsfortschreibung 2011 auf Grundlage des Zensus 2011. Stand: 10. April 2014. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2014a) Vorläufige Ergebnisse der Bevölkerungsfortschreibung 2011 auf Grundlage des Zensus 2011. Stand: 10. April 2014. Wiesbaden
Zurück zum Zitat Statistisches Bundesamt (2014b): Fachserie 10, Reihe 3, Rechtspflege: Strafverfolgung. Jährlich veröffentlicht, zuletzt für das Jahr 2012 am 12.2.2014. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2014b): Fachserie 10, Reihe 3, Rechtspflege: Strafverfolgung. Jährlich veröffentlicht, zuletzt für das Jahr 2012 am 12.2.2014. Wiesbaden
Metadaten
Titel
Demografische Entwicklung und Seniorenkriminalität: Kriminalstatistische Projektionen
verfasst von
Gerhard Spiess
Copyright-Jahr
2015
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-47047-3_4

Leitlinien kompakt für die Innere Medizin

Mit medbee Pocketcards sicher entscheiden.

Seit 2022 gehört die medbee GmbH zum Springer Medizin Verlag

Erhebliches Risiko für Kehlkopfkrebs bei mäßiger Dysplasie

29.05.2024 Larynxkarzinom Nachrichten

Fast ein Viertel der Personen mit mäßig dysplastischen Stimmlippenläsionen entwickelt einen Kehlkopftumor. Solche Personen benötigen daher eine besonders enge ärztliche Überwachung.

Nach Herzinfarkt mit Typ-1-Diabetes schlechtere Karten als mit Typ 2?

29.05.2024 Herzinfarkt Nachrichten

Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sind die Chancen, einen Myokardinfarkt zu überleben, in den letzten 15 Jahren deutlich gestiegen – nicht jedoch bei Betroffenen mit Typ 1.

15% bedauern gewählte Blasenkrebs-Therapie

29.05.2024 Urothelkarzinom Nachrichten

Ob Patienten und Patientinnen mit neu diagnostiziertem Blasenkrebs ein Jahr später Bedauern über die Therapieentscheidung empfinden, wird einer Studie aus England zufolge von der Radikalität und dem Erfolg des Eingriffs beeinflusst.

Costims – das nächste heiße Ding in der Krebstherapie?

28.05.2024 Onkologische Immuntherapie Nachrichten

„Kalte“ Tumoren werden heiß – CD28-kostimulatorische Antikörper sollen dies ermöglichen. Am besten könnten diese in Kombination mit BiTEs und Checkpointhemmern wirken. Erste klinische Studien laufen bereits.

Update Innere Medizin

Bestellen Sie unseren Fach-Newsletter und bleiben Sie gut informiert.