Erschienen in:
01.06.2023 | Psychoanalyse | Editorial
Über die „Ruinen des Vergessens und Erinnerns“
verfasst von:
Dipl.-Psych. Lisa Werthmann-Resch
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
|
Ausgabe 2/2023
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Auszug
Erinnern und Vergessen bettet die Psyche in das Erleben von Zeit ein. Erst durch die menschliche Fähigkeit zur Erinnerung, in der etwas früher Geschehenes aufbewahrt und zugleich mit einem aktuellen Ereignis gedacht werden kann, wird aus einem „Vorher“ oder „Früher“ Vergangenheit und aus einem „Nachher“ oder „Später“ Gegenwart oder Zukunft. Viele große Erzähler der Literaturgeschichte haben sich dem Thema der Erinnerung gewidmet. Neben berühmten Werken wie z. B. Marcel Prousts
Auf der Suche nach der verlorenen Zeit (
1913) oder Vladimir Nabokovs
Erinnerung, sprich (
1951), Winfried Sebalds
Die Ausgewanderten (
2001), Nadeshda Mandelstams
Erinnerungen (
1970), haben sich weitere Autoren, wie der 2022 mit dem Literaturnobelpreis gewürdigte ukrainische Schriftsteller Serhij Zhadan mit Ausarbeitungen von Erinnerung und Gedächtnis befasst (Zhadan
2022). Manche Erzählungen berichten dabei von dem Erstaunen, wie viel sich von dem Verloren geglaubten noch „sprechend“ wiederfindet. Es scheint zum Teil an eine Wirklichkeit geknüpft, zu der viele Pfade bereits abgebrochen schienen. …