Erschienen in:
25.10.2023 | Femurfrakturen | Originalien
Antikoagulative Dauertherapie bei proximaler Femurfraktur als Operationshindernis im 24-h-Zeitfenster?
Ergebnisse einer Analyse aus Qualitätssicherungsdaten über 32.252 Behandlungsverläufe mit osteosynthetischer Versorgung
verfasst von:
Dr. med. Christoph J. Neumann, Mark Sandfort, Prof. Dr. med. Rüdiger Smektala
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 4/2024
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Zusammenfassung
Hintergrund
Sowohl im deutschen als auch im internationalen Raum besteht eine vehemente Kontroverse über den geeigneten Versorgungszeitpunkt der proximalen Femurfraktur beim älteren Patienten. Die Bemühung um qualitativ hochwertige und einheitliche Versorgungsstandards kulminierte im deutschen Gesundheitswesen in der strikten Maßgabe einer verzögerungsfreien Operation innerhalb von 24 h. Bislang wurden die in Anbetracht ihrer hohen Vulnerabilität schwer verletzten Patienten zu oft verspätet operiert, mit dem Verweis auf einen präoperativ verbesserungswürdigen medizinischen Allgemeinzustand. Besonders die Befürchtung um Komplikationen aufgrund einer vorbestehenden antikoagulativen Dauertherapie wurde immer wieder betont.
Fragestellung
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Frage, ob sich eine Operationsverzögerung antikoagulierter Patienten mit proximaler Femurfraktur bereits während des stationären Verlaufs nachteilig auf die Komplikationsstatistik und die Letalität der Patienten auswirkt. Dabei ist zu prüfen, inwieweit sich die Daten der externen Qualitätssicherung zur Entkräftung etwaiger Einwände hinsichtlich einer frühestmöglichen Operation eignen.
Material und Methoden
Grundlage der Studie bilden Behandlungsdaten aus dem Verfahren der externen stationären Qualitätssicherung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen aus den Jahren 2018–2020. Betrachtet wurden Patienten mit einer proximalen Femurfraktur. Hierunter fallen die Schenkelhalsfrakturen sowie Frakturen im Bereich der per- bis subtrochantären Region. Es wurden nur Fälle mit gelenkerhaltender Frakturversorgung ausgewählt. Die Datensätze wurden mithilfe geeigneter Statistiksoftware analysiert.
Ergebnisse
Es konnten mehr allgemeine Komplikationen und Todesfälle bei antikoagulierten Patienten beobachtet werden. Der Trend einer verzögerten Frakturversorgung unter gerinnungsaktiver Medikation ist weiterhin deutlich zu erkennen. Ein statistisch positiver Zusammenhang zwischen längerer präoperativer Wartezeit und unerwünschten Verläufen kann bestätigt werden.
Diskussion
In Bezug auf die Frakturversorgung bei Einnahme von Antikoagulanzien ist kritisch zu prüfen, inwieweit eine zügige Normalisierung der Gerinnungssituation erforderlich ist und dies die Chancen auf komplikationsarme Verläufe tatsächlich verbessert. Sollte die Aufhebung der antikoagulativen Wirkung mittels Substitution oder Antidot notwendig erscheinen, darf dies einer frühzeitigen Versorgung nicht entgegenstehen.