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2018 | Buch

Praxis der Personzentrierten Psychotherapie

herausgegeben von: Gerhard Stumm, Prof. Wolfgang W. Keil

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Nach einer Einführung in die Grundlagen und das allgemeine Therapiekonzept werden konkrete therapeutische Vorgehensweisen – schulenspezifische wie schulenübergreifende Methoden und Techniken – beschrieben, u.a. die Arbeit mit Emotionen, mit Persönlichkeitsanteilen, dem Felt Sense, Imaginationen und Träumen, bei Motivationsproblemen, aber auch die existenzielle Perspektive, Prä-Therapie, der Einbezug des Körpers, kreativer Medien oder von Aufstellungen. Darüber hinaus wird die psychotherapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Familien, Paaren und Gruppen vorgestellt, sowie der Umgang mit Personen, die an Krisen, Traumafolgestörungen, Suchtproblemen, Essstörungen, sexuellen Problemen, Depressionen, Angst- und Persönlichkeitsstörungen leiden. Die zweite Auflage wurde aktualisiert und inhaltlich überarbeitet. Ausgeweitet wurden vor allem die Abschnitte zu den Methoden und Techniken, die Arbeit mit Emotionen sowie das Kapitel über Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.

Das Buch weist eine Fülle von praktischen Beispielen und handlungsorientierten Leitsätzen auf und ist für Praktiker und Personen in Ausbildung geeignet, aber auch für grundsätzlich an der Methodik interessierte Leser.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Theoretischer Teil

Frontmatter
1. Theoretische Grundlagen
Zusammenfassung
Der theoretische Teil dieses Buches ist relativ kurz gehalten, zumal sein Schwerpunkt auf der Praxis liegt. An einer gründlicheren Darlegung der Konzepte Interessierte seien hier auf einschlägige Übersichten verwiesen, in denen die theoretischen Grundlagen ausführlicher behandelt werden.
Gerhard Stumm, Wolfgang W. Keil
2. Therapietheorie
Zusammenfassung
Eine Therapietheorie sollte die theoretische Basis für die therapeutische Praxis liefern. Für die personzentrierte Therapietheorie ist die These von den „sechs notwendigen und hinreichenden Bedingungen“ für Persönlichkeitsentwicklung durch Psychotherapie von größter Bedeutung. Diese besagt vor allem, dass die persönliche Entwicklung des Klienten durch eine entsprechende Qualität der therapeutischen Beziehung nachhaltig gefördert werden kann. Dies schließt mit ein, dass bestehende Inkongruenzen sowie psychosozial bedingte Symptome und Beeinträchtigungen verringert werden.
Gerhard Stumm, Wolfgang W. Keil

Vorgangsweisen

Frontmatter
3. Methoden und Techniken
Zusammenfassung
Im Folgenden werden eine Reihe von typischen Vorgehensweisen, die sich innerhalb des Personzentrierten Ansatzes als praktikable Ausdrucksformen der Grundhaltungen entwickelt haben sowie ergänzend einige verfahrensunabhängige Methoden und Techniken, die in der Personzentrierten Psychotherapie gebräuchlich sind bzw. modellkonsistent integriert werden können, dargestellt.
Wolfgang W. Keil, Gerhard Stumm
4. Arbeit mit der Beziehung
Zusammenfassung
Rogers hat die zwischenmenschliche Beziehung als wesentlichsten Faktor, als „das tragende Element in der Therapie“ empfunden. Die Qualität, die eine therapeutische Beziehung haben muss, hat Rogers in den sechs „notwendigen und hinreichenden Bedingungen für Persönlichkeitsveränderung“ beschrieben. Wenn diese Bedingungen, darunter die therapeutischen Grundhaltungen, verwirklicht sind und bestehen bleiben, kommt es zu konstruktiven Veränderungsprozessen.
Wolfgang W. Keil, Gerhard Stumm
5. Arbeit mit dem Experiencing
Zusammenfassung
Veränderung kommt demnach zustande, wenn eine Person im Rahmen einer bedeutungsvollen persönlichen Beziehung sich intensiv mit ihrem eigenen inneren Erleben („experiencing“) beschäftigt. Beim Experiencing handelt es sich um einen zentralen Bereich menschlichen Erlebens, den Bereich des gesamten gefühlten impliziten Wissens. Gendlin definiert es als präkonzeptuelles und im Körperlichen (in der eigenen Mitte) spürbares, noch undifferenziertes, aber implizites und vieldimensionales Erleben, aus dem in der Folge (persönliche) Bedeutungen, Gefühle und Kognitionen expliziert werden können.
Wolfgang W. Keil, Gerhard Stumm
6. Arbeit mit Emotionen – Emotionsfokussierte Therapie
Zusammenfassung
Emotionen wohnt ein funktionales adaptives Potenzial inne, das uns hilft, zu überleben und erfolgreich zu sein. Für diese Annahme gibt es mittlerweile eine Fülle empirischer Belege. Emotionale Schemata basieren auf angeborenen emotionalen Reaktionen, die sich mit Lernerfahrungen zu komplexeren inneren Organisationseinheiten verbinden. Aus Sicht einer Theorie der Verarbeitung, die auf emotionalen Schemata basiert, sind Menschen ständig im Begriff, eingehende sensorische Reize (aus dem Inneren des Körpers oder aus der Umwelt) auf Basis von Erfahrungen zu interpretieren, zu transformieren und aus ihnen Bedeutung abzuleiten. Diese Sinneswahrnehmungen werden ausgewertet und mit anderen Sinneswahrnehmungen verknüpft, wodurch sich ein übergeordnetes Bedeutungsschema ausbildet. Diese Zusammenhänge sind Thema des Kapitels.
Imke Herrmann, Leslie Greenberg, Lars Auszra
7. Arbeit mit Persönlichkeitsanteilen
Zusammenfassung
Verschiedene „Teile“ einer Person sind in einer Reihe von psychotherapeutischen Ansätzen konzeptualisiert worden, denken wir z. B. an das Instanzenmodell „Ich, Es und Über-Ich“ der klassischen PsychoanalysePsychoanalyse, an die introjizierten Objekte der Objektbeziehungstheorie oder an die in der Transaktionsanalyse postulierten Ich-Zustände („Kindheits-, Eltern- und Erwachsenen-Ich“). Rogers war in seinem phänomenologischen Herangehen einer solch spekulativen und verdinglichenden Theoriebildung gegenüber skeptisch. Er hat das Selbst als zentrales Konzept der personzentrierten PersönlichkeitstheoriePersönlichkeitstheorie erfahrungsnahe konzipiert – zwar als flexible Gestalt, aber doch als Einheit.
Wolfgang W. Keil, Gerhard Stumm
8. Arbeit an der Motivation
Zusammenfassung
Gemäß dem Konzept der Aktualisierungstendenz aktualisieren sich Menschen, solange sie leben, auch unter ungünstigsten Bedingungen. In diesem Sinne ist der Mensch immer zu etwas motiviert, und sei es nur das Festhalten am Status quo. Daher sind auch Klienten in der Psychotherapie grundsätzlich motiviert. Es ist aber konkret zu klären, wozu sie motiviert sind und wie gesetzte Ziele auch erreicht werden können.
Gerhard Stumm, Wolfgang W. Keil
9. Prä-Therapie und Kontaktarbeit
Zusammenfassung
Bei der Prä-Therapie geht es nicht nur darum, Menschen zu helfen, die in der sogenannten „Grauzone“ funktionieren, also eine mildere Form von Kontaktverlust aufweisen, in eine psychotische Form des Funktionierens hinein- und wieder hinausgehen und/oder eine Mischung der sogenannten „verankerten“ und der „prä-expressiven“ Funktionen aufweisen. Es geht darüber hinaus auch um jeden Versuch, der gemacht wird, um Menschen dabei zu helfen, ihre wiederhergestellten Funktionen weiterzuentwickeln. Hier wird die tägliche Praxis davon inspiriert, dass in Begriffen von „Kontakt“ gedacht wird, und nicht nur von einer „simplen“ Anwendung prä-therapeutischer Techniken in einer systematischen und intensiven Weise bei eindeutig psychotischen Funktionsweisen ausgegangen wird.
Dion Van Werde
10. Arbeit mit kreativen Medien: Kunst- und Gestaltungstherapie
Zusammenfassung
Die Kunsttherapie entwickelte sich zunächst in methodisch-experimentellen Einzelaktionen von disziplinären Grenzgängern, die, sozusagen zwischen allen Stühlen sitzend, die psychotherapeutische Fruchtbarkeit und enorme Tiefe des gestalterischen Erlebensausdrucks in ihrer Praxis entdeckten, ohne im engeren Sinne Kunsttherapeuten oder Psychotherapeuten zu sein. Dies waren z. B. Kunstpädagogen und Künstler, die plötzlich und unvorbereitet im Einzelunterricht oder im Unterricht mit Gruppen mit irritierenden Phänomenen existenzieller Betroffenheit und emotionaler ErlebenstiefeErlebenstiefe ihrer Schüler konfrontiert waren, oder auch Psychotherapeuten und Psychoanalytiker, die autodidaktisch zur Malerei fanden, um sich selbst zu stabilisieren (Carl Gustav Jung, Alice Miller) oder von ihren Klienten bzw. Patienten unverhofft vor die Aufgabe gestellt wurden, sich im psychotherapeutischen Prozess mit deren Bildern, Tagebucheintragungen, Liedern oder Gedichten als Kanäle des Erlebens auseinanderzusetzen.
Norbert Groddeck
11. Imaginationen, Träume und Märchen
Zusammenfassung
Wenn wir mit Träumen, Märchen und Imaginationen arbeiten wollen, müssen wir uns auf eine Sprache einlassen, die diesen Phänomenen jeweils eigen ist, nämlich auf die Sprache der Bilder. Träume, Imaginationen und Märchen drücken ihre Sinngehalte vornehmlich in bildhaften Symbolen aus, d.h. in optisch bestimmten Vorstellungen bzw. in szenischen Darstellungen, die solche Vorstellungen evozieren. Weil die Sprache der Bilder dem spontanen Erleben näher steht als die diskursiv operierende „Begriffs-Sprache“ und weil Gefühle und elementare Bedürfnisse sich in Bildern unmittelbarer abbilden als in der lexikalischen Sprache, ist das Arbeiten mit Träumen, Imaginationen und Märchen therapeutisch so fruchtbar und die Selbstexploration fördernd.
Jobst Finke
12. Körpereinbezug
Zusammenfassung
Die Personzentrierte Psychotherapie hatte schon immer den Menschen als Ganzes zum Gegenstand, zu dem selbstverständlich auch der Körper gehört. Aufgrund der philosophischen Wurzeln, insbesondere in der Phänomenologie und Anthropologie, werden dabei der erlebende und der erlebte Körper als zentraler Ausgangspunkt genommen.
Ernst Kern
13. Aufstellungen
Zusammenfassung
Aufstellungen aus personzentrierter Haltung zeichnen sich durch Ressourcenaktualisierung und Förderung kreativer Persönlichkeitsentwicklung jenseits von vordergründigen Problemlösungen aus. Sie unterscheiden sich damit wesentlich von zielorientierten und leitergesteuerten und damit häufig manipulativen Vorgehensweisen. Es geht es dabei nicht um „Stellungen“, sondern um dynamische Prozesse und Konstellationen, die innere Bilder interpersoneller und intrapersonaler Vorgänge, Konstellationen und Konflikte anschaulich machen und durch räumliche Visualisierung neue Sicht- und Handlungsweisen und das Erarbeiten von Alternativen ermöglichen.
Peter F. Schmid
14. Existenzielle Ebene
Zusammenfassung
Obwohl Rogers beträchtliches Interesse an der Existenzphilosophie zeigte, ist der Personzentrierte Ansatz in seiner klassischen Tradition kein existenzieller, sondern ein Prototyp der Humanistischen Psychologie. Diese ist zwar vom existenziellen Denken beeinflusst, weist aber doch auch deutliche Unterschiede dazu auf. Dies kommt auch in den Dialogen, die Rogers mit existenziellen Philosophen (Buber und Tillich) und Psychotherapeuten (May und Laing) geführt hat, zum Ausdruck. Gleichwohl gibt es eine Reihe von personzentrierten Autoren, die das existenzielle Denken im Rahmen des Personzentrierten Ansatzes stärker akzentuiert bzw. vertieft haben. Von deren Ausrichtung und von den Anregungen, die die Personzentrierte Psychotherapie von explizit existenziell orientierten Schulen und Protagonisten (wie Daseinsanalyse, Logotherapie und Existenzanalyse, Britische Schule der Existenzanalyse und Existenziell-Humanistischer Ansatz) für die Praxis beziehen kann, soll in diesem Beitrag die Rede sein.
Gerhard Stumm

Arbeit in unterschiedlichen Settings und mit verschiedenen Zielgruppen

Frontmatter
15. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
Zusammenfassung
Erwachsene können eher auf einer Metaebene über ihr Erleben, Verhalten, Motivationen oder Kognitionen reden; Kinder agieren eher ihre Gefühle. Ihre innere Beziehung zur Welt und zu sich selbst wird durch ihr Spiel sichtbar. Das Spiel wird in der Therapie vor allem als symbolisch verstanden. Das Erleben des Kindes zeigt sich darin zwar nicht eins-zu-eins, doch es geht stets um bedeutende Aspekte des kindlichen Alltags. Indem das Kind sein Erleben seiner Umwelt und seiner selbst im Spiel agiert, organisiert es seine Erfahrung. Es schafft Spiel- und Beziehungsszenarios als Symbole für Teile seines Erlebens. Zwar bilden auch Wörter und Sprache solche Symbole für das Kind, doch während bei Erwachsenen das Reden als Medium der Symbolisierung dominiert, symbolisieren Kinder meist über ihr Spiel und über ihre Gestaltung der Beziehung zur Therapeutenperson.
Michael Behr
16. Gruppenpsychotherapie
Zusammenfassung
In diesem Kapitel beschreiben die Autoren die konkrete Praxis der Gruppenpsychotherapie, die im klientenzentriert-experienziellen Gedankengut wurzelt und in hohem Maße durch die interpersonale Sicht von Irvin Yalom (2010) beeinflusst ist. Dabei gehen sie von der Grundregel aus, dass der klientenzentrierte Gruppentherapeut Interventionen durchgehend so stark wie möglich an die Gruppenmitglieder delegiert, wobei die Aufmerksamkeit abwechselnd auf die Gruppe als Ganzes, auf das Individuum in der Gruppe und auf die Interaktionen innerhalb der Gruppe gerichtet wird.
Hans Snijders, Germain Lietaer
17. Paar- und Familientherapie
Zusammenfassung
Viele Autorinnen und Autoren, die der Personzentrierten Psychotherapie nahestehen, haben auch über Paar- und Familientherapie geschrieben. Mittlerweile haben sich auf der Basis ausführlicher empirischer Untersuchungen auch zwei Versionen der emotionsfokussierten Paartherapie entwickelt, welche die personzentrierten therapeutischen Grundhaltungen mit einem stufenweisen emotionsfokussierten Vorgehen kombinieren. Die inhaltlichen Schwerpunkte dieser Entwicklung können darin gesehen werden, dass zunächst versucht wurde, die Erfordernisse der therapeutischen Arbeit mit mehr als einem Klienten zu reflektieren, aber auch verschiedene Konzepte und Techniken der Paar- und Familientherapie mit den sechs Bedingungen der Personzentrierten Therapie zu verbinden. Bei den emotionsfokussierten Paar- und Familientherapien wird hingegen die experienzielle Therapie in Form eines systemisch orientierten, therapeutengeleiteten Ansatzes angewendet.
Charles J. O’Leary

Störungsspezifische Differenzierungen: Arbeit mit Personen mit unterschiedlichen Störungsbildern

Frontmatter
18. Angst- und Zwangsstörungen
Zusammenfassung
Angststörungen gehören mit einer Lebenszeit-Prävalenz von ca. 16 % zu den häufigsten psychischen Störungen. Unter phänomenologischen Gesichtspunkten können dabei Generalisierte Angststörungen, Agoraphobien, Panikattacken, Phobien vor spezifischen Objekten oder Situationen sowie Soziale Phobien unterschieden werden. Akute und Posttraumatische BelastungsstörungenPosttraumatische Belastungsstörung zählen ebenfalls zu den Angststörungen, werden in diesem Buch aber gesondert behandelt. Panikattacken und Panikstörungen, die für die Betroffenen extrem quälend sind, begegnen uns im therapeutischen Alltag häufig. Sie werden nachfolgend zusammen mit der Agoraphobie ausführlich besprochen, wobei die personzentrierte Praxis bei Klienten mit PhobienPhobien in typischer Form gut sichtbar wird.
Ludwig Teusch
19. Depressive Störungen
Zusammenfassung
In diesem Kapitel geht es um die für den Indikationsbereich der Personzentrierten Psychotherapie wichtigsten depressiven Störungen. Bei der Therapie von schwer Depressiven ist ein so stark modifiziertes Vorgehen angezeigt, dass man von einer besonderen Art personzentrierter Prä-Therapie sprechen könnte. Bei den anderen hier besprochenen Störungsgruppen ist zwar die „klassische“ personzentrierte Zugangsart angemessen, jedoch sind auch hier einige Besonderheiten zu beachten, wie etwa die starke Bedürftigkeit vieler dieser Klienten nach Zuwendung und Anerkennung, eine leichte Kränkbarkeit und die Neigung zu einem symbiotischen Beziehungserleben, was sich besonders bei den Klienten mit einer abhängigen Persönlichkeitsstörung zeigt. Dies muss der Therapeut sowohl hinsichtlich der Art seiner Verstehensangebote als auch in Bezug auf seine Beziehungsgestaltung und seine Bereitschaft zur Beziehungsklärung berücksichtigen.
Jobst Finke
20. Borderline-Persönlichkeitsstörungen
Zusammenfassung
Das konkrete therapeutische Vorgehen bei der Psychotherapie von Borderline-Persönlichkeitsstörungen hängt zum einen davon ab, welchen therapietheoretischen Hintergrund der Therapeut hat, und zum anderen davon, welche Annahmen zur Entstehung der Störung zugrunde gelegt werden. Die Standardbehandlungsprozeduren, wie sie ursprünglich für die Therapie von Personen mit sogenannten neurotischen Störungen entwickelt wurden, sind im Hinblick auf die Besonderheiten der BPS jeweils modifiziert worden. Eine psychotherapeutische Behandlung dieser Patienten ist schwierig und langwierig, die Abbruchraten und Rückfallquoten sind hoch, und die Patienten sind stark suizidgefährdet. Daher sollte die auf die besondere Verletzlichkeit von Borderline-Patienten abgestimmte Beziehungsaufnahme bereits in der diagnostischen Phase beginnen.
Jochen Eckert
21. Essstörungen: Anorexie und Bulimie
Zusammenfassung
Rund 90% der an Essstörungen erkrankten Personen sind Mädchen und junge Frauen; Anorexie beginnt am häufigsten um das 14. Lebensjahr, der Krankheitsbeginn von Bulimie liegt um 2–3 Jahre höher. Die Sterblichkeitsrate bei Anorexie wird in der Literatur mit 0–22  % angegeben. Personen mit einer Essstörung sind meist schon seit einigen Jahren krank, bevor sie erstmals Hilfe in Anspruch nehmen. Grundsätzlich gilt: Je früher eine Essstörung erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Chancen auf Gesundung. In diesem Artikel werden nur die Anorexie und die Bulimie als prototypische Essstörungen besprochen. Essstörungen haben eine hohe Komorbidität mit Depression. Anorexie tritt häufig mit Zwangserkrankungen auf, Bulimie zusammen mit Angsterkrankungen. Die Borderline-Persönlichkeitsstörung wird immer wieder in Zusammenhang mit Bulimie genannt.
Katrin Draxl
22. Trauma
Zusammenfassung
Ausmaß und Ausformung der Folgeerscheinungen nach traumatischen Ereignissen sind abhängig von der Art, den Umständen und der Dauer der traumatischen Einwirkung. Zu den Umständen zählt neben dem Entwicklungsstand bei der Traumatisierung insbesondere, ob es vor, während oder nach der Traumatisierung schützende Faktoren gegeben hat. Traumatische Belastungen und Folgeerscheinungen wie die Posttraumatische Belastungsstörung sind daher nicht nur als Konsequenz traumatischer Ereignisse zu verstehen, sondern prinzipiell immer als Versuche, das traumatische Ereignis in der jeweiligen (Lebens-)Situation möglichst gut zu verarbeiten. Bei aller scheinbarer Absurdität und Dysfunktionalität stehen die dadurch entstehenden Inkongruenzen – zunächst – im Dienst des Überlebens.
Silke Birgitta Gahleitner
23. Krisenintervention
Zusammenfassung
Krisen gehören zum Leben, betreffen alle Menschen. Krisen sind Teil menschlichen Leidens und Wachsens und meistens ohne professionelle Hilfe zu bewältigen. Wird diese jedoch nötig, so stehen verschiedene Anlaufstellen bzw. ein Netz von Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zu diesem Netz gehören auch Psychotherapeuten in einer freien Praxis oder in einer Institution.
Rosina Brossi
24. Alkoholismus
Zusammenfassung
Auch bei vorrangig anderer Problematik, z. B. Ängsten und Depressionen, bei denen ein Klient Unterstützung sucht, kann ein problematischer Suchtmittelkonsum bzw. ein Suchtverhalten ursächlich oder verstärkend bestehen. Auch bei Personzentrierter Therapie aus anderen Beweggründen sollte von Fachleuten die Möglichkeit eines begleitenden oder ursächlichen missbräuchlichen Suchtmittelkonsums, nicht nur in der Kennenlernphase, im Auge behalten, geprüft und in das therapeutische Angebot einbezogen werden.
Hans-Jürgen Tecklenburg
25. Drogen- und Medikamentenabhängigkeit
Zusammenfassung
In diesem Kapitel dreht sich alles um Sucht und Medikamentenabhängigkeit. Mit Sucht ist ein Verhalten gemeint, das den Konsum von Suchtmitteln und Medikamenten einschließt und dem Ziel dienen soll, eine unangenehme Ausgangslage bzw. Grundstimmung zu überwinden, ohne sich dabei mit der als negativ erlebten Befindlichkeit auseinandersetzen zu müssen. Der Drang nach Veränderung der Ausgangslage stellt dabei etwas so Einengendes und Bestimmendes dar, dass alternative Handlungsmöglichkeiten nicht in Betracht gezogen werden können. Drogenabhängigkeit meint die durch Toleranz- und damit verbundener Dosissteigerung erworbene seelische und/oder körperliche Abhängigkeit von zentralnervös wirkenden Substanzen, die eine periodische oder chronische Vergiftung hervorrufen.
Heidemarie Müllner-Sari
26. Sexuelle Störungen
Zusammenfassung
Sexualität nimmt im Leben der allermeisten Menschen einen zentralen Stellenwert ein und ist zumeist mit Lust, Begehren, Ekstase und Befriedigung verbunden. Gleichwohl kann das sexuelle Erleben gestört sein. In der personzentrierten Literatur ist dem Thema Sexualität im Allgemeinen und den sexuellen Störungen im Besonderen bislang nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden. Sexualität kann nach personzentriertem Verständnis als ein Potenzial des Organismus betrachtet werden, wobei aber in der personzentrierten Theoriebildung keine spezielle Konzeptualisierung von Sexualität vorliegt. Die Darstellung und Diskussion psychotherapeutischer Praxis mit Personen mit sexuellen Störungen ist aus personzentrierter Sicht als sehr spärlich zu erachten. Die nachfolgenden Ausführungen sollten dazu beitragen, diesen Mangel ein wenig zu verringern.
Sonja Kinigadner

Spezielle Themen

Frontmatter
27. Erstgespräch, Vereinbarungen, Rahmenbedingungen und Therapieende
Zusammenfassung
In diesem Beitrag werden Erfordernisse, die im Rahmen eines Erstgesprächs durch eine möglichst offene Exploration sowie diagnostische Abklärung zu erheben sind, dargestellt. Sie dienen der Überprüfung der Indikation zur Psychotherapie und der differenziellen Indikation für eine Personzentrierte Psychotherapie. Außerdem werden Rahmenbedingungen sowie die Arbeitsweise dem Klienten gegenüber erläutert, damit eine Therapieplanung erfolgen und der Klient letztlich dem Therapieangebot zustimmen kann, sowie weitere Aspekte reflektiert, etwa Therapieziel, -dauer bzw. -ende.
Nora Nemeskeri, Gerhard Stumm
28. Diagnostik und Indikation
Zusammenfassung
Wenn Psychotherapie eine umfassende, bewusste und geplante Behandlung sein soll, so inkludiert dies die Überprüfung, ob die gegebenen Störungen und Leidenszustände solche sind, die durch Psychotherapie gemildert oder behoben werden können, sowie die Überprüfung, ob eine Psychotherapie für die Person unter den gegebenen Umständen sinnvoll und passend ist. Es geht in diesem Kapitel also um Diagnose und Indikation.
Wolfgang W. Keil, Gerhard Stumm
29. Ethische Aspekte
Zusammenfassung
Ethik ist eine Disziplin der Reflexion. Als solche hat sie die Aufgabe, darüber nachzudenken, auf welchen Grundannahmen und Vorverständnissen die wahrgenommenen Probleme und Handlungsanfragen beruhen, die im (therapeutischen) Alltag auftauchen. Im Kontext eines Praxishandbuchs kann sie nicht mehr tun als Probleme bewusst(er) zu machen, ansatzhaft zu klären und somit Herausforderungen der therapeutischen Praxis vielleicht etwas verständlicher zu machen. Sie kann allenfalls dazu beitragen, dass Angehörige des psychotherapeutischen Berufsstandes etwas reflektierter und – bei aller Unsicherheit – auch entschlossener entscheiden. Verhaltensrichtlinien und Maßnahmenkataloge wirken jedoch noch nicht von sich aus; vorherrschende Kommunikations- und Entscheidungsprozesse sind zu beachten, entsprechend zu entwickeln und zu organisieren, institutionelle Rahmenbedingungen wie auch ökonomische Interessen sind einzubeziehen.
Sylvia Keil, Christian Metz
30. Rechtliche Rahmenbedingungen und Dokumentation
Zusammenfassung
Wer sich mit den Berufspflichten und den daraus resultierenden berufsrechtlichen und berufsethischen Vorgaben von Psychotherapeuten näher beschäftigt, sieht sich mit einer Vielzahl von rechtlichen Regelungen konfrontiert. Für Deutschland liegt das Psychotherapeutengesetz, für Österreich das Psychotherapiegesetz und für die Schweiz das Psychologieberufegesetz vor, zusätzlich gibt es noch eine Vielzahl von Verordnungen und Richtlinien, die sich vor allem in Deutschland noch an unterschiedlichen Landesgesetzen zu orientieren haben. Diese Rechte und Pflichten für Berufsangehörige wie auch für Patienten bedürfen einer Orientierungshilfe, um sich einigermaßen in diesem Paragraphendschungel zurechtzufinden.
Nora Nemeskeri
Backmatter
Metadaten
Titel
Praxis der Personzentrierten Psychotherapie
herausgegeben von
Gerhard Stumm
Prof. Wolfgang W. Keil
Copyright-Jahr
2018
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-54670-3
Print ISBN
978-3-662-54669-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54670-3

ADHS-Medikation erhöht das kardiovaskuläre Risiko

16.05.2024 Herzinsuffizienz Nachrichten

Erwachsene, die Medikamente gegen das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom einnehmen, laufen offenbar erhöhte Gefahr, an Herzschwäche zu erkranken oder einen Schlaganfall zu erleiden. Es scheint eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zu bestehen.

Typ-2-Diabetes und Depression folgen oft aufeinander

14.05.2024 Typ-2-Diabetes Nachrichten

Menschen mit Typ-2-Diabetes sind überdurchschnittlich gefährdet, in den nächsten Jahren auch noch eine Depression zu entwickeln – und umgekehrt. Besonders ausgeprägt ist die Wechselbeziehung laut GKV-Daten bei jüngeren Erwachsenen.

Darf man die Behandlung eines Neonazis ablehnen?

08.05.2024 Gesellschaft Nachrichten

In einer Leseranfrage in der Zeitschrift Journal of the American Academy of Dermatology möchte ein anonymer Dermatologe bzw. eine anonyme Dermatologin wissen, ob er oder sie einen Patienten behandeln muss, der eine rassistische Tätowierung trägt.

Spezielles Sportprogramm bei einer Reihe von psychischen Erkrankungen effektiv

08.05.2024 Psychotherapie Nachrichten

Sportliche Betätigung hilft nicht nur bei Depression, sondern auch in Gruppen von Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichen psychischen Erkrankungen, wie Insomnie, Panikattacken, Agoraphobie und posttraumatischem Belastungssyndrom. Sie alle profitieren längerfristig.